Bildungslücke? Film-Rezension: Les Misérables

Ich liebe Stefan Zweig, aber seine Balzac Biographie ist nicht gut, das beste an ihr, die erst posthum veröffentlicht wurde, sein Hauptwerk werden sollte (in seinen Augen) und nicht ganz fertig wurde, ist (leider leider leider – für Zweig) die paar Seiten Beschreibung Victor Hugos des Tods Balzacs. Daher stand für mich fest, dass ich mich etwas mit dem Schaffen Hugos auseinandersetzen sollte: Der Glöckner von Notre-Dame wartet auf der Liste noch auf mich, auch wenn ich mich eigentlich auf “Die Elenden” oder wie es im Original heißt “Les Misérables” stürzten wollte. Nicht das Buch zum Film, nicht das Buch zum Musical, sondern die Vorlage. Und hier kommt wieder meine Ignoranz: bevor ich wusste, dass die Vorlage von eben diesem größten aller französischen Schriftsteller, so die meisten Franzosen, kommt, habe ich um das Musical einen Bogen gemacht. Dies mag einerseits daran liegen, dass ich Musicals zu meist allzu profan finde (klingt härter als ich das meine) oder an dem Hype, der noch vor ein paar Jahren umging und der Musicalbesuch, nein die Musical-Event-Reise, die Ballonfahrt der 00er Jahre wurde – DAS Geschenk zum 50.

Genug böses Blut, denn es gibt durchaus Musicals, die ich nicht nur mag, sondern verehre: Jesus Christ Superstar und die Rocky Horror Picture Show beispielsweise, ja und auch Elisabeth. In Musicals wird dick aufgetragen, Pathos spritzt auf die vordersten Reihen der Zuhörer und schöne Männer spielen Jesus, den Tod oder Lokomotiven auf Rollschuhen.

Trotz allem habe ich mir am Wochenende mit zwei Freunden “Les Misérables” im Kino angesehen. Alle haben vorher geunkt: der kann nicht singen, die kann nicht singen.. Und es gibt schlimme Musical-Verfilmungen mit (eigentlich) Schauspielern wie beispielsweise “Mamma mia” mit einem unterirdischen Pierce Brosnan. Ja Hugh Jackman, und vor allem Russell Crowe, sind nicht die geborenen Sänger, haben mich aber, vor allem Hugh Jackman, positiv überrascht. Der Mix ist etwas sehr stimmlastig, was bei Musicaldarstellern passt, bei den Schauspielern hätte sich die ein oder andere lautere Geige auch ganz gut gemacht. Die Kamera hätte bei so einigen Nahaufnahmen auch gut einen Meter weiter weg stehen dürfen und die Zusammenfassung könnte lauten: wenn nicht geweint wurde, wurden Fahnen geschwenkt.

Im Nachgang bin ich aber fast begeistert, nicht unbedingt über den Film an sich, sondern vielmehr über die Geschichte und die Musik, die sich in einer entsprechenden Aufnahme (nicht der OST) wirklich lohnt und auch gerade meine Ohren umschmeichelt.

Die Hauptperson ist Jean Valjean ein Ex-Sträfling, der sich zurück ins Leben kämpfen will, dem der böse Inspektor Javert dabei immer wieder Knüppel zwischen die Beine wirft. Jean baut sich ein Leben mit Wohlstand und Ansehen auf bis Javert ihn entdeckt und erneut verhaften will, doch er kann fliehen und kümmert sich fortan um Cosette (das Mädchen mit der Mütze, den wehenden Haaren und dem Besen), die uneheliche Tochter einer verstorbenen ehemaligen Arbeiterin in Jeans Fabrik. Die nächsten Unannehmlichkeiten warten auf Jean als sich Cosette in einen Studenten verliebt, der am Juniaufstand 1832 teilnimmt.

Vielmehr als den Film möchte ich euch aber die Geschichte, die Musik und Hugo ans Herz legen; ich werde mich nun wirklich mal genauer mit ihm beschäftigen, denn der Glöckner liegt hier ja schon.. Bildungslücken schließen!

Kategorien Allgemein Rezensionen

Tilman berät als Rechtsanwalt Verlage, Autoren und andere Kreative im Urheber- und Medienrecht. Als Blogger hat er sich sowohl im Bereich der Literaturkritik als auch -vermittlung in der Branche einen Namen gemacht. Rechtsanwalt Winterling ist zudem als Jurymitglied (u.a. Hamburger Literaturförderpreise) und Moderator von Lesungen tätig, sowie gefragter Interviewpartner (u.a. Deutschlandfunk, Radio Eins), wenn es darum geht verständlich und unterhaltsam über rechtliche Themen und solche des Bloggens zu berichten.

  1. noxcorino

    Schöne Rezension und viel Spaß bei Den Elenden als Buch (das ich 2 mal aus Langeweile abgebrochen hab).
    Übrigens ist Hugh Jackman eigentlich professioneller Musical-Darsteller und mehrfacher Tony-Preisträger 😉

    • Na ich sag ja.. er ist zumindest besser als Russell Crowe 😀

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