Was macht gute Buchgestaltung aus?

Bereits vor circa fünf Jahren versuchte mich ein Freund für die Büchergilde Gutenberg zu werben. „Du kaufst sowieso mehr als ein Buch pro Quartal. Mit einer Mitgliedschaft erhälst Du dazu exklusiv Bücher in bibliophiler Ausstattung, viele Klassiker werden neu aufgelegt, illustriert etc. pp.“

Ich war zunächst skeptisch, denn viele der mir präsentierten Bücher fand ich nicht besonders ansprechend. Den Ausschlag für meine Mitgliedschaft gab dann aber die Tatsache, dass Tod im Paradies von Alberto Dines über die letzte Lebenszeit Stefan Zweigs in Brasilien quasi nur noch über die Gilde zu beziehen war. Nun aber über zwei Jahre und etliche Büchergilde-Bücher später habe ich meine Mitgliedschaft, hauptsächlich aus zwei Gründen, überdacht.

Keine eigene Verlegertätigkeit
Die Büchergilde wurde 1924 gegründet, um preislich niederschwellig den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Oskar Maria Graf, Jack London und Mark Twain wurden verlegt und sollten, die Gründung erfolgte gewerkschaftsnah, dem gemeinen Arbeiter der Weimarer Republik zugänglich werden. Exklusiv hielt man den Kontakt zu dem Phantom B. Traven und brachte seine Bücher, auch nach der Bücherverbrennung, heraus. Im dritten Reich gleichgeschaltet und der Gründer Bruno Dreßler verhaftet, siedelte man in die Schweiz über, bewahrte sich so die Unabhängigkeit, um nach dem zweiten Weltkrieg mit Erich Kästner, Arnold und Stefan Zweig nach Deutschland zurückzukehren. Auf Anregung der Büchergilde schrieb Golo Mann seine Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, in der 60er Jahren  gratulierte Erich Kästner zum 40. Geburtstag, zum 50. Geburtstag kam Günter Grass und so ging es immer weiter: Eine Erfolgsgeschichte deutscher Buchkultur.

Das Hauptaugenmerk liegt bei der Büchergilde seit jeher auf der besonderen Gestaltung von Büchern, dazu so gleich. Doch den Mitgliedern soll auch ein Zugang zu besonderen Büchern eröffnet werden. Dazu trägt die Unabhängigkeit bei, die dadurch entsteht, dass man Lizenzen bei anderen Publikumsverlagen im deutschsprachigen Raum nach Gusto erwerben kann und aufgrund der breiten Basis von gesicherten Käufen mit einem gewissen Mindestumsatz rechnen kann, denn jedes Mitglied muss pro Quartal ein Buch des Programms kaufen. Die Büchergilde ist mit anderen Worten so etwas wie ein Buchclub mit besonderer Ausrichtung.

Doch beim Durchsehen der Programme der Zeit meiner Mitgliedschaft musste ich immer wieder feststellen, dass mir das Angebot schlicht zu mainstreamig ist. Natürlich finde ich viele Bücher wieder die aktuell im Gespräch sind oder die ich bereits gelesen habe: Karen Köhler, immer die aktuellen Murakamis, Kastelau von Lewinsky, Kruso und Der Distelfink, Glavinic, Kehlmann, Boyle, Seethaler. Alles Bücher, die sich mehr oder weniger im aktuellen Diskurs befinden, alles Bücher, die im Feuilleton besprochen wurden, dazwischen immer wieder ein paar „Geheimtipps“ der großen Zeitungen, die nicht zum Bestseller wurden: Chinua Achebe, Jonas Lüscher, Chimamanda Ngozi Adichie und die Lizenzen von Neuübersetzungen des Hanser Verlages oder von Manesse. Aber keine eigenen Entdeckungen, eigene originäre verlegerische Tätigkeit, exklusive Neuauflage verschollener Schätze.

Für die Abbildung der aktuellen Literaturlandschaft, brauche ich keinen Zusammenschluss mit Kaufzwang. Mir fehlt der verlegerische Mut, warum nicht den Mitgliedern mit Verve einen verschollenen, vergessenen oder nie entdeckten Titel anpreisen. Mein Bild der Gildemembers lässt durchaus die Vermutung zu, dass hier, zwischen all den Studienräten, begeisterte Literaturliebhaber (was den Studienrat nicht ausschließt) sind, die das abgebildete Programm bereits gelesen haben, aber offen sind für Neuentdeckungen. Wenn ich die Spitzentitel von Hanser, Suhrkamp, Rowohlt und KiWi entdecken möchte, muss ich selbst als Otto Normalleser nur die Augen offen halten. Um auf das Buch des Deutschen Buchpreisträgers zu stoßen, brauche ich die Büchergilde nicht, sondern ein Blick selbst in das örtliche Käseblatt genügt.

Dagegen sind doch die Möglichkeiten Abseitigeres zu präsentieren bei keinem herkömmlichen Verlag so gut wie hier. Auf der Basis der Mitglieder hat man in einem gewissen Rahmen die Möglichkeit ungewöhnliche Titel zu verlegen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass ein Kruso, der notgedrungen erst mit einiger Verzögerung nach der Preisverleihung erscheinen kann, nicht mal zu den Verkaufsschlagern im Programm gehört, schlicht weil jeder interessierte Leser das Buch schon gelesen oder zumindest gekauft, ansonsten schlicht kein Interesse daran hat. Die aufgewendete Energie und Finanzkraft hätte für ein anderes Werk sinnvoller verwandt werden können.

Die Möglichkeit die vergriffene Biographie über Stefan Zweigs Zeit in Brasilien zu erwerben, blieb daher nach meinem Beitritt das einzige Argument für die Mitgliedschaft.

[Ich wurde von mehreren Seiten auf die Existenz der Edition Büchergilde hingewiesen. Dort wird tatsächlich eigene verlegerische Arbeit betrieben, die sich zum großen Teil allerdings meiner folgenden Kritik entziehen kann:]

Absurd hässliche Bücher
Nimmt man also das Argument des Programms aus, bleibt das auf der Homepage selbst propagierte:

Kein anderer Verlag hat so konsequent wie die Büchergilde die Kunst rund um das Buch gepflegt. Seit der Gründung der Büchergilde im Jahr 1924 gibt es illustrierte Bücher im Programm. Aber auch der Einband, der Schutzumschlag und die Typographie wird für unsere Bücher besonders gestaltet.

Starten wir erneut mit Stefan Zweig in das Programm. Die Büchergilde bietet eine illustrierte Ausgabe der Schachnovelle an. Über das karikatureske Porträt des Autors kann ich milde hinwegsehen, die dargestellte Schachszene ist aber schon zu viel für mich: Grobschlächtige Figuren, die Zeichnung ohne jeden Esprit, jemandem der Menschen so wie den Betrachter und den Barkeeper zeichnet, würde ich eventuell meine Wohnzimmer streichen lassen, von meinen Büchern würde ich ihn fernhalten. Der nächste Klassiker, an Kästners Fabian hat sich Frank Witzel als Illustrator versucht, bereits das Cover ist derart abstoßend, dass man Abstand von einem Kauf nehmen muss. Aus leeren Augen wird der Leser angeglotzt, der Masochist kauft sich natürlich die Vorzugsausgabe. Für 128 € gibt es nämlich ein handkoloriertes Unikat dazu, hiermit darf man sich nach der Lektüre weiter gruseln.

Auch Kleist konnte sich nicht mehr wehren als drei seiner Novellen von Johannes Grützke, Anke Feuchtenberger und Martin Grobecker jeweils unabhängig, dafür in jeweils ganz eigener Hässlichkeit, vergewaltigt wurden. Thomas M. Müller hat wie auch den Der große Schlaf von Chandler, San Miguel von T.C.Boyle illustriert; schaut euch das Vorsatzpapier an und es bedarf keiner weiteren Worte! Fast schon gnädig kann ich unter diesen Umständen lächeln wie die Madame Bovary-Ausgabe der Büchergilde zu der des Hanser Verlages abfällt.

Aberwitzig hässlich, eine Beleidigung meiner Augen und jedes Dreijährigen, der mal einen Kopffüßler gemalt hat, dagegen wieder die Ausgabe von Raymond Carvers Beginners, wenn jetzt nicht einer um die Ecke kommt, der mir erklärt, dass der blinde Bruder des Autors dieses Cover mit dem linken Fuß gemalt hat, kann ich nicht anders als diese Darstellung für einen Witz zu halten. Dieses  Buch ist so ungefähr das unansehnlichste, unästhetischste, unattraktivste, unschönste Exemplar seiner Gattung, welches mir je unter die Augen gekommen ist. (Von der Unart das Leinen des Einbands zu bedrucken ganz abgesehen, die die Büchergilde zur Perfektion beherrscht.)

Wo nimmt die Gilde so viele Leute her, die derart schlecht auf Mittelstufenniveau herumkünstlern? Aufwendige Ausstattung in Form von Leinen, Papier, Heftung und Lesebändchen verpuffen, wenn das Buch derart abstoßend illustriert und gestaltet ist.

Die einzige Ausnahmen die ich in meiner Zeit bei der Büchergilde von diesen Beispielen machen kann, sind die Ausgaben von Murakami (nur noch eine erhältlich), die mich zwar nicht ansprechen, aber im Vergleich mit dem Obengenannten noch halbwegs vertretbar erscheinen.  In diese versöhnliche Kategorie passt noch die Ausgabe von Die letzten schönen Tage von Helmut Krauser. Ein zwar gänzlich unaufregendes, nichtssagendes Bild auf dem Einband, dafür hat das Buch ein handliches Format (auch das bei diesem Verlag keine Selbstverständlichkeit!), einfaches, aber schönes Leinen ohne Schnickschnack, feines Papier und ein Lesebändchen. So könnte es gehen.

Kein Spaß
Das Phänomen ohne Wünsche eine Buchhandlung zu betreten und mit einem Arm voller Neuerwerbungen wieder zu verlassen, kennt der Besucher einer Büchergilden-Buchhandlung nicht. Voller Sorge muss man zum Ende des Quartals überlegen für welches Scheusal von Buch man sein Geld ausgeben kann. Nicht mal die Konzentration auf den, glücklicherweise von den Ausführenden der Gilde nicht angetasteten, Inhalt kann mich über die ästhetischen Qualen hinwegtrösten, die mir diese Bücher bereiten.

Ich brauche wohl nicht extra betonen, dass ich inzwischen aus der Büchergilde ausgetreten bin?!

Kategorien Allgemein Feuilleton

Tilman berät als Rechtsanwalt Verlage, Autoren und andere Kreative im Urheber- und Medienrecht. Als Blogger hat er sich sowohl im Bereich der Literaturkritik als auch -vermittlung in der Branche einen Namen gemacht. Rechtsanwalt Winterling ist zudem als Jurymitglied (u.a. Hamburger Literaturförderpreise) und Moderator von Lesungen tätig, sowie gefragter Interviewpartner (u.a. Deutschlandfunk, Radio Eins), wenn es darum geht verständlich und unterhaltsam über rechtliche Themen und solche des Bloggens zu berichten.

  1. Lieber Tilman,

    du sprichst mir aus der Seele. Mal ganz abgesehen von der „mainstreamigen“ Auswahl – aber die Bücher finde ich schlichtweg grottenhässlich. Geschmacklich zu eindimensional. Und ehrlich – die haben fast ausnahmslos etwas Depressives, Alptraumhaftes.
    Ich schätze ehrlich das Engagement der Büchergilde, die Buchkunst zu bewahren, eine Auswahl an Büchern in besonderer Ausstattung, eben für Liebhaber und Sammler, herzustellen – aber diese scherenschitt- und linoldruckartigen Illustrationen und Gestaltungen sind für mich keine Augenweide. Mein Herz schlägt ebenfalls schneller bei „schönem Leinen, Lesebändchen und feinem Papier“.

    Herzliche Grüße

    Sonja

  2. Sapperlot, wie man früher sagte, starker Tobak!

    Ich kann deine Ansichten nur zum Teil nachvollziehen. Recht gebe ich dir in puncto verlegerischer Mut: Ja, die Büchergilde könnte ihr Profil stärker schärfen.

    Was aber in der Endgültigkeit, wie du es formulierst, so meiner Meinung nach nicht zutrifft, ist die beanstandete Schwäche der Buchgestaltung. Vorab: Ja, großflächig bedrucktes Leinen geht gar nicht. Der Punkt geht an dich.

    Aber ansonsten ist der Anspruch der Büchergilde, illustrierte Bücher in guter Ausstattung auf den Markt zu bringen, ein wunderbarer Ansatz, unverzichtbar für die Buchkultur inDeutschland. In den düsteren Zeiten des eBooks stirbt das liebevoll gestaltete Buch aus, und deshalb ist es aller Ehren wert, überhaupt illustrierte Bücher auf den Markt zu bringen. Noch dazu sind die von dir genannten Beispiele allesamt von etablierten Illustratoren angefertigt worden. Vor allem Witzel (Fabian) und Anke Feuchtenberger (Kleist) machen meiner Meinung nach einen hervorragenden Job.

    Mit der These „Es sind nur wenige Striche, es sieht etwas kindlich-naiv aus, also kann es keine Kunst sein“ machst du es dir zu einfach. Über Geschmäcker lässt sich trefflich streiten, aber diese General-Abkanzelung der Buchillustrationen, die in der Büchergilde erscheinen, wird der Sache nicht gerecht, ist zu pauschalisierend.

    Allein die Idee, bei Kleist drei verschiedene Illustratoren aus drei verschiedenen Generationen sich am gleichen, klassischen Autor versuchen zu lassen, ist klasse. Das Prachtstück der Buchillustration der Büchergilde ist jedoch „Väter und Söhne“ von Turgenjew. Wunderschön.

    Ich kenne keinen Verlag, der sich so sehr um die Buchillustration in Deutschland bemüht (außer natürlich, unter anderen Vorzeichen, einige Comic-Verlage). Dass dabei auch mal Schlechtes abfällt, bleibt nicht aus.

    Die Büchergilde hat mein Lese-Leben bereichert, auch und gerade aufgrund der Illustrationen.

    Liebe Grüße,
    Dein Tobi
    http://www.texteundbilder.com

    • Liebster Tobias,

      Punkt 1: dass ich Recht habe, siehst Du richtig!
      Punkt 2: Du sprichst von einem „wunderbaren Ansatz“, den ich insoweit ebenso schätze und würdige. Leider geht es über diesen Ansatz nicht hinaus. Fast alle Illustrationen sind im Stil derart ähnlich, so dass hier gar keine Vielfalt entsteht. Und der Ruf etabliert zu sein, bedeutet ja nicht, dass die Arbeit gut sein muss.
      Punkt 3: Die genannte These um die wenigen Striche habe ich gar nicht aufgestellt. Die Figuren sind fast immer grotesk, vielfach zu bunt, klecksig, tapsig colouriert, fürchterlich anbiedernd naiv und plakativ.
      Punkt 4: Den Turgenjew habe ich auch. Der ist wohl im schwachen Bewerberfeld tatsächlich das Prachtstück.
      Punkt 5: Die Wahl Deiner Worte ist selbstentlarvend: „sich versuchen zu lassen“, „sich bemühen“

      Fast jede Graphic Novel, die ich bisher in der Hand hielt, ist kunstvoller – sogar jedes Superheldencomic hat mehr Esprit als dieses Geschmiere!

  3. Verehrter Tilman,

    Kunst hat nicht die Aufgabe, immer zwingend „schön“ zu sein. Dies gilt insbesondere für die Illustration von Büchern, deren Inhalt aus dem Vollen schöpft, das Leben, wie es gute Literatur tun sollte, behandelt, ohne zu „beschönigen“.

    „Plakativ“, „grotesk“ und vor allem „naiv“ (http://de.m.wikipedia.org/wiki/Naive_Kunst) sind daher keine geeigneten Kategorien, um ganzen Scharen von Illustrationen, ohne im Einzelnen zu differenzieren, den künstlerischen Wert abzusprechen.

    Dass du Graphic Novels nunmehr als kunstvoll ansiehst, finde ich großartig, und du hast Recht: Von vielen Comicverlagen, wie beispielsweise Reprodukt, Avant, Edition Moderne kann die Büchergilde zum Teil eine Menge lernen.

    Dennoch ist dein Rundumschlag („Geschmiere!“) für meine Begriffe zu pauschal, was der Sache nicht gerecht wird.

  4. Danke für diesen Text! Ich spiele nämlich selber mit dem Gedanken, der Büchergilde beizutreten, war mir bis heute allerdings noch sehr unschlüssig. Lohnt sich das überhaupt? Lese ich die Bücher dann tatsächlich?
    Ich habe mich in der Buchhandlung informiert zur Büchergilde und das klang alles so toll und ich möchte ja auch meinen „Horizont erweitern“, aber dein Text hat mich jetzt noch mal zum Umdenken gebracht.

    Viele Grüße,
    Verena

    P.S.: Vielleicht sollte ich Illustratorin bei der Büchergilde werden. Mein nicht vorhandenes Zeichentalent könnte doch noch zu gebrauchen sein. 😉

  5. Lieber Tilmann,

    ich habe oft ein ähnliches Problem mit meiner Buchwahl, eben weil sich auch für mich vieles an der Bestseller-Liste orientiert. Deshalb kaufe ich pro Quartal stets auch nur neu aufgelegte Klassiker. Ja, auch mir sagen die Cover oft nicht zu, schrecken teilweise tatsächlich vom Kauf ab, aber über Kunst lässt sich streiten, andere finden die Gestaltungen sicher wunderbar gelungen und fühlen sich mit jeder neuen Erwerbung der Büchergilde en vogue – einerseits schwimmt man im aktuellen Bücherstrom, andererseits hat man eben eine besondere Ausgabe. Aber wie Tobi schon erwähnte gibt es eben auch schöne Ausgaben – auch ich habe den Turgenjew zuhause zu stehen und bereue den Kauf keineswegs!
    Dein Text ist hart, ja, doch du vertrittst eben klar deinen Standpunkt, den ich in einigen Punkten sogar unterschreiben würde – gehen wir einmal davon aus, die Büchergilde liest es, dann können wir doch damit rechnen, dass sich da einiges tun wird, denn bisher las ich nirgends eine Kritik an diesem doch exklusiven Buchclub. Auch wenn du dich schon längst für deinen Austritt entschieden hast, ist das eine schöne Aussicht auf künftige Quartale – beziehungsweise: Kunst ist eben auch Modeerscheinungen unterworfen, morgen wird schon etwas ganz anderes schön sein.

    Lieben Gruß, Nicole

  6. Was am Ende dieses länglichen Rants voller Kraftausdrücke (Feuchtenberger vergewaltigt Kleist mit ihrer Hässlichkeit!) übrigbleibt:

    Dir gefallen die Bücher der Büchergilde nicht. Anderen gefallen sie. Gähn. Dafür hätte ein tl;dr auch gereicht.

    (Dass du die Eigeneditionen der Büchergilde nicht gefunden/erwähnt hast, geschenkt. Offenbar ist es auch für dich schwer wahrzunehmen, was die Büchergilde außerhalb das Mainstreams selbst verlegt).

    • Stefan, da hast Du natürlich bei der Vergewaltigung einen stilistischen Fehler aufgedeckt. Danke dafür.

      Die Unart eines „tl;dr“ führt dazu, dass man fast alle Texte auf eine Essenz zusammenschrumpfen lassen kann.
      „Preis der Leipziger Buchmesse an Jan Wagner“ – hier hast Du alle Informationen drin, dass es aber besonders ist dass ein Lyriker nominiert und ausgezeichnet wurde aber schon nicht. Viele Details gingen so verloren.

      Die bloße Essenz meines Textes ist nicht (nur) „Mag ich nicht“. Als Details des Textes gingen u.a. die vielen Beispiele verloren, die meiner Meinung nach recht fundiert, wenn auch überzogen (Stilmittel), mein Urteil rechtfertigen.

      Ja, die Eigeneditionen habe ich nicht gesehen, darauf wurde ich hingewiesen, den entsprechenden Link füge ich oben ein, dass aber auch auf diese Titel zumindest meine Kritik der Ausführung zutrifft, entkräftet meinen „Rant“ nicht gänzlich.

      Ein „tl;dr“ hätte aber wohl dazu geführt, dass Du meinen Text nicht gelesen hättest und er muss Dich zumindest auf irgendeine Art angesprochen haben, sonst hättest Du dich hier nicht geäußert. Die bloße Postulation meiner Meinung hätte dagegen tatsächlich keinen Mehrwert gehabt.

  7. Da lässt du mal ordentlich Dampf ab, aber für mich durchaus verständlich. Für mich kommt die Büchergilde wegen des Konzeptes, etwas kaufen zu müssen, nicht in Frage. Das soll mir schon immer frei stehen, wann ich was wo kaufe und keine Verpflichtung geben.

    Ansonsten gebe ich dir recht, so schicke Bücher habe ich da auch nicht entdecken können. Da wirf mal einen Blick auf die Schuber Edition vom Mare Verlag, das sind edle Bücher, wunderschön und wertig, einfach durchweg gelungen. Meist wiederentdeckte Klassiker, völlig abseits vom Mainstream. So etwas würde ich mir hier auch erwarten.
    ´
    Die Idee Bücher in besonderes edler Form neu aufzulegen ist genial. Ebooks gehen bei mir auch einfach nicht, zu schön ist das Gefühl ein Buch in der Hand zu haben, die Haptik und das Analoge in meiner sonst so vernetzten, digitalen Welt.

    Liebe Grüße
    Tobi

  8. Lieber Tilman,

    ich muss gestehen, ich sitze hier etwas zwischen den Stühlen – denn ich bin sowohl Leserin deines Blogs als auch (noch recht neue) Mitarbeiterin der Büchergilde.

    Beim Lesen schwankte ich zwischen schmunzeln und eingeschnappt sein, Verständnis für deine (für meine Begriffe nur teilweise) berechtigte Kritik und Wut über Verallgemeinerungen, insbesondere was die Gestaltung und die Illustrationskunst betrifft. Dass sich alle Künstler, die für uns so tolle Arbeit leisten, im Stil kaum merklich unterscheiden und ’nur rumgeschmiert‘ wird, ist mir neu.

    Ich kann sagen, dass die Buchgemeinschaft sich trotz ihres hohen Alters noch bewegt. In unserem neuen Herbstprogramm der Edition Büchergilde (Achtung, Eigenverlag!) werden wieder junge Talente vertreten sein, von denen ich (nicht nur als Stellvertreterin des Verlags) hin und weg bin. Ob wir dich damit überzeugen können, bleibt fraglich. Aber vielleicht riskierst du ja in ein paar Monaten trotzdem mal einen Blick – auch auf die Gefahr hin, dass sich dir der Magen rumdreht.

    Ich freu mich über ehrliche Worte, schließlich wollen wir noch weitere 90 Jahre drauflegen – und das ist ohne begeisterte Mitglieder und scharfe Kritiker nicht zu schaffen. Wer also etwas zur Weiterentwicklung beitragen will, gerne auch an schoettler(at)buechergilde.de

    Liebe Grüße,
    Lisa

    • Hallo Lisa,

      ich freue mich natürlich besonders, dass sich jemand aus der Gilde selbst zu Wort meldet.

      Natürlich ist meine Kritik (bewusst) überzogen, dies soll jedoch nur zum Ausdruck bringen, dass man meiner Meinung nach dem eigenen hohen Anspruch nicht gerecht wird. Alle exemplarisch aufgezählten Bücher entsprechen aber tatsächlich in keiner Weise meinem Geschmack. Dieser sehr subjektive Eindruck kommt, denke ich auch durch den sehr subjektiven Einschlag des Textes (und des Blogs allgemein) deutlich zum Ausdruck.

      Ich lehne auch auf keinen Fall das gesamte Programm ab, sondern finde nur zu wenige Titel für mich, die einen Kaufzwang rechtfertigen. Bei sehr vielen Titeln wäre weniger mehr. Und ja, den Eigenverlag habe ich tatsächlich übersehen, ich füge einen entsprechenden Hinweis oben ein.

      Vielen Dank für Dein Feedback, für weitere Rückfragen stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung.
      Beste Grüße
      Tilman

      [Du hattest doppelt gepostet, habe einen Kommentar gelöscht, richtig oder?!]

  9. Lieber Tilmann,

    wow… Da kochen die Emotionen aber hoch. Und ich bin einerseits belustigt und andererseits irritiert. Richtig nachzuvollziehen, ist der Artikel für mich aber nicht. Er berührt die Frage: Was darf Kunst oder was soll Kunst und welche Illustrationskunst ist den „großen Werken“ angemessen. Ich denke, es ist nicht ihre Aufgabe, schön oder ansprechend zu sein oder sich überhaupt von irgendwelchen ästhetischen Werturteilen bevormunden zu lassen. Und da vertreten wir anscheinend sehr unterschiedliche Standpunkte.

    „Wo nimmt die Gilde so viele Leute her, die derart schlecht auf Mittelstufenniveau herumkünstlern?“

    Das sind alles Illustrator_innen, die sehr versiert sind und Ahnung haben, von dem, was sie da tun. Und nur weil du etwas „abstoßend“ findest und meinst, deine eigenen Kopffüßler wären künstlerisch ansprechender gewesen, kann ich trotzdem eine ganz wunderbare eigene Ästhetik in den Kleistillustrationen finden. Ich zumindest, du nicht, das merke ich schon. Und über Geschmack lässt sich wenig streiten, oder? Es muss ja nicht immer alles Impressionismus sein oder welche Kunstform wäre dir die liebste? 😉
    Mir wäre nämlich ein schlichtes Einband mit Lesebändchen „ohne Schnickschnack“ auf Dauer sehr langweilig. Und ich finde auch nicht, dass man in Gegenwart von Kleist jetzt Schnappatmung kriegen muss, die Illustrationen sind für mich stimmig.

    Am Ende aktivierst du nochmal schnell Vergewaltigungsmetaphorik, um dein eigenes ästhetisches Werturteil als das richtige hinzustellen. Warum? Ich kann von deinem Text nicht so viel mitnehmen, außer: du magst die Bücher der Büchergilde nicht. Ich mag sie. Und nach einem Blick in den Katalog habe ich schon ganz viele Ideen, welche „Scheusale“ demnächst bei mir einziehen werden. Mir sind Monster nämlich manchmal ganz lieb.

  10. Oh Gott, das ist jetzt peinlich. Lieber Tilman (!!!!) Nur ein n. Entschuldige, bitte!

    • Also das passiert mir täglich dreimal – keine Sorge.
      Danke auch für Deinen ausführlichen Kommentar, anstatt jedoch ausführlich meine Philippika zu verteidigen, besuche ich lieber Deinen Blog, damit ist uns wahrscheinlich beiden mehr geholfen, sehe nämlich bereits einige Bekannte im Headerbild.

  11. Roman Gilanian

    Nach dieser gleichermaßen differenzierten wie argumentativ gewichtigen Darstellung habe ich mich, nachdem ich mich dank der eingestreuten Links davon überzeugen konnte, dass der Verfasser in keinem einzigen kritisierten Punkt Recht hat, sofort dazu entschlossen, der Büchergilde nach vielen Jahren wieder beizutreten. Vielen Dank dafür!

    • Aber das ist doch ganz wunderbar für Sie und die Gilde – insgesamt, so lese ich die bisherigen Reaktionen in den Netzwerken, habe ich der Büchergilde mit meinem Text eher zu neuen Mitgliedern verholfen, Nichtmitglieder höchstens in ihrer Nichtmitgliedschaft bestätigt – für niemanden ist somit Schaden entstanden, auch für Sie nicht.
      Beste Grüße und herzlichen Dank

  12. Hallo Tilmann,

    als Quasi-Neumitglied möchte ich auch kurz meinen Senf dazu geben. Deine Punkte kann ich ganz gut nachvollziehen und, wenn auch überspitzt, stellst du das relativ gut dar. Ich für meinen Teil kann dir nur bei den Büchern mit den Fratzencovern zustimmen, die sind wirklich grausam. Aber sonst? Ist es für mich persönlich toll, was für ein Programm die Büchergilde auf die Beine stellt. Gerade weil ich mich zwar mit den aktuellen Programmen auseinandersetze, aber fast nie die Zeit habe, diese auch bei Erscheinen zu lesen, kommt es mir sehr entgegen, dass auch Topseller bei der Büchergilde in einer anderen Ausgabe mit neu gestaltetem Cover erscheinen. Dabei finde ich die Gestaltung derer gegenüber dem Original sogar besser und auf das Buch abgestimmter.
    Vielleicht rede ich in 5 Jahren dann auch anders, aber derzeit ist es wohl noch in einer „Frisch- Verliebt- Phase“ und da ist das meiste sowieso wundervoll.
    Auf jeden Fall, wie ich schon auf facebook kommentierte, ist es gut, wenn man auf etwas aufmerksam macht und dabei auch schroffere Worte benutzt, um diejenigen, die es angeht, aufzuwecken, was du auch geschafft hast.
    Gruß
    Marc.

  13. Lieber Tilmann,
    wie Du vielleicht inzwischen mitbekommen hast (oder auch nicht), habe ich mich in einem eigenen Blogbeitrag auf Deinen und einen anderen Artikel bezogen, in denen ich einige Trends, die ich für mich feststelle, beziehe.
    Es ist nicht meine Absicht, auf meinem Blog andere Blogger zu kritisieren resp. zu mobben (also sozusagen hinter deren virtuellen Rücken), daher nun ein Kommentar auf Deiner Seite. Vielmehr möchte ich eine Diskussion anstoßen über Kritikkultur im Netz – und ich würde mich freuen, wenn auch Du, als einer der sozusagen nun kritisierten, dazu Deine Meinung und Haltung äußerst – hier oder bei mir drüben.
    Was ist meine Kritik?
    Grundsätzlich: Ich finde Deinen Blog sehr gut und verfolge ihn gerne, weil Du Dich intensiv mit den von Dir gelesenen Büchern auseinandersetzt, weil Du natürlich auch Literatur liest, die meinen Schwerpunkten entgegenkommt und ja, weil Du Dich auch mal was traust und dann deutlich auch Negatives ansprichst und den Mumm hast, auch ein Buch zu kritisieren gegen die Mainstream-Meinung. Allerdings meine ich, dass es Spielraum und Grenzen gibt zwischen negativer Kritik, schroffer Worte und na ja – ich kann es nicht anders sagen: Stammtischniveau. Und dieser Beitrag zur Büchergilde fällt für mich in letztere Kategorie. Ich bin übrigens kein Mitglied und kaufe die Bücher nicht, ich kenne die Ausgaben auch nicht so gut, dass ich dazu eine Meinung haben könnte. Aber ich habe eine Meinung zum sprachlichen Umgang mit Kunst, mit Illustration, mit kreativen Werken an sich. Mal abgesehen, dass Du offensichtlich pauschal alles des Verlages über einen Kamm scherst und da wenig differenziert urteilst, also mal abgesehen vom Inhaltlichen – es war die Sprache, die mich zornig gemacht hat. „Mittelstufenniveau“, Illustratoren, die besser Wohnzimmer streichen, Kinder, die besser malen, bis hin zum dem Ausdruck „Geschmiere“, der mir im Zusammenhang mit Kunstdiskussionen einfach nur Gänsehaut verursacht – das, um nur einige Beispiele Deines Textes zu nennen, die ich völlig unangemessen finde. Unangemessen auch, weil Du in Deinem Blogbeitrag zur Leipziger Buchmesse ja auch einen ganz bestimmten Anspruch an Dich selbst als Literaturblogger stellst (siehe die letzten Sätze). Meinst Du, dass man als Literaturblogger ernstgenommen wird, wenn man so undifferenziert daherpoltert? Das würde mich interessieren.
    Nur noch eine Schlußbemerkung: Würde ich Deinen Blog nicht so sehr schätzen, wäre vielleicht meine Verwunderung und Ärger über diesen Beitrag nicht so hoch gestiegen, hätte ich auch nicht kommentiert.
    Herzliche Grüße, Birgit

    • Liebe Birgit,
      ich danke für erstmal für den Hinweis und den offenen Umgang.

      Mit Deiner Begründung warum Du Dich über meinen Beitrag aufregst, ist bereits meine Aufregung über die Gilde in gute Worte gefasst: Wäre ich nicht grundsätzlich ein Befürworter dieser Idee und Fan der 90-jährigen Geschichte, hätte ich mich gar nicht darüber aufgeregt. Da ich aber zwei Jahre Mitglied war und mit gutem Willen an dieser Form der Buchkultur teilgenommen habe, aufgrund des Kaufzwangs diverse Bücher gekauft habe, die absolut nicht meinem ästhetischen Empfinden entsprechen und ich ebendiese Idee und Geschichte nicht „so sehr schätzen [würde], wäre vielleicht meine Verwunderung und Ärger über [die Gestaltung] nicht so hoch gestiegen, hätte ich auch nicht [geschrieben]“.

      Das von Dir bemängelte Stammtischniveau, dass Du in Deinem Beitrag nicht als „feinen Ironie-Degen“ anerkennen willst, der es auch nicht ist, ist nur eine deutlich überspitze Form der Kritik. Weil ich eben zwei Jahre mein Unverständnis über die Gestaltung in mich hineingefressen und auf Besserung gehofft habe, ist diese nun derart aus mir herausgebrochen. Diese Freiheit nehme ich mir heraus, weil ein Blog diese eben bietet. Dass die Form eben nicht komplett ernstgemeint ist, wird deutlich, wenn man weiß wie ich schreibe und wie ich sonst kritisiere. Dies tue ich weil ich mich „auch mal was trau[e] und dann deutlich auch Negatives anspr[eche] und den Mumm ha[be], auch ein Buch zu kritisieren gegen die Mainstream-Meinung“. – Hier muss natürlich der Bezug zu Tucho kommen: „Was darf die Satire? Alles.“

      Wehren muss ich mich natürlich gegen den Vorwurf der Undifferenziertheit. Jeden meiner Vorwürfe habe ich anhand von Links untermauert, ich habe nicht das gesamte Programm über einen Kamm geschoren, sondern auch gelungene Bücher angesprochen. Dass meine Kritik ernstgenommen wurde, zeigt insbesondere die Reaktion der Gilde selbst auf Twitter, aber auch die viele Ablehnung und Zustimmung, die auf diesen Beitrag gefolgt ist.

      Bleibe mir trotzallem gewogen
      Dein Tilman

  14. Lieber Tilman,
    freilich bleibe ich Dir trotzdem gewogen – weil, wie bereits geschrieben: Man ereifert sich manchmal natürlich besonders dort, wo man ansonsten auch besonders angetan oder begeistert ist.
    Und freilich finde ich es auch gut, wenn Kritiken von Buchbloggern solche Anstöße geben und Diskussionen auslösen – bis zu den angesprochenen Verlagen.
    Darf Satire alles? Freilich. Aber der Satiriker muss auch was aushalten können. Das tust Du ja. Und deshalb nochmals meine Meinung: Sprachlich fand ich Deine Wortwahl „nicht gelungen“, so richtig satirisch fand ich den Beitrag ebenfalls nicht.
    Eben: Weil Du ansonsten besser fechtest als säbelst.
    Herzlichst, die nach wie vor treue Fanleserin Birgit

  15. Lübbers

    Guten Tag, Herr Winterling,
    Sie liefern mir eine schöne Steilvorlage für den Verkauf der Büchergilde-Bücher,
    normalerweile klonen wir die Mitglieder, wo sonst sollten wir die für die
    ganzen scheußlichen Bücher herkriegen.
    Und dann habe ich noch einen bekannten Ortssadisten, der treibt mir
    die Vorzugsausgaben-Käufer (hier die bekannten Masochisten) in den
    Laden.
    Ehrlich, ich mußte schallend lachen und gebe gerne Ihren hervorragenden
    Text an meine Kunden weiter.
    Wie geht denn nun ihre Geschichte mit der BG weiter, wir warten
    auf die nächste Einlage.

  16. Das Kleistbuch gefällt mir aber schon, auch zeichnerisch…. ich denk das ist oft einfach eine sehr subjektive Sache. Eine Geschmacksfrage. Wobei es mir auch nicht gefällt wenn überall ein comicstil in oft schludriger Machart dabei ist. Ich las grade eine neueauflage von „Cider mit Rosie“. Ichmochte das Buch und auch die Illustration, aber beides passte einfach überhaupt nicht zusammen.

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