Heimito von Doderer wird anlässlich seines 50. Todestages (wieder einmal) versucht aus der Geheimtipp-Ecke zu holen. Die kluge Eva Menasse legt sein Leben in Bildern dar, C.H. Beck baut die Jubiläumsausgabe auf vier Bände (u.a. Die Strudlhofstiege und Die Merowinger) aus und eine Kassette zum erzählerischen Werk in 9 Leinen-Bänden. Lust machen auf Heimito von Doderer möchte auch der Literaturkritiker Klaus Nüchtern. In seinem Doderer-Anregungsbuch Kontinent Doderer – Eine Durchquerung rauscht er nur so durch Leben und Werk des großen Österreichers.
Warum und wozu Doderer?, fragt er im Vorwort und liefert auf dreihundert Seiten plus Anhang viele Antworten. Diese sollen vor allem auch dazu führen, dass Berührungsängste mit Klassikern abgebaut werden.
Doderer ist ganz gewiss ein Minderheitenprogramm – so wie auch Dante, Dickens oder Dostojewskij. […] Kommt man als österreichischer Doderer-Gutfinder mit deutschen Kollegen ins Gespräch, lautet die Standardreaktion entweder „Muss ich den lesen?“ oder „Sollte ich wohl auch mal lesen“.
Dabei verfolgt Klaus Nüchtern akribisch, aber nie akademisch, kritisch, aber nie verbissen, Doderers verschlungenen Weg vom NSDAP-Mitglied zum gefeierten Über-Österreicher der Nachkriegszeit, wie der Verlag richtig bewirbt. Doch geht die Begeisterung mit Nüchtern zuweilen etwas durch, die Sprünge sind manchmal nicht ganz nachvollziehbar, aber so ist das mit der Leidenschaft, Nüchtern ist nie nüchtern. Auf seine Eingangsfrage weiß er natürlich eine Antwort, die er konsequent im Verlauf von Kontinent Doderer mit Argumenten belegt.
Was soll man da schon antworten? Niemand soll müssen. Man kann ein reiches und keineswegs ignorantes Leserinnen- und Leserleben natürlich auch ohne Doderer-Lektüre bestreiten. So wie man auch Dante, Dickens und Dostojewskij auslassen kann. Alles immer auf die Gefahr hin, etwas zu verpassen.
Doderer, Dante, Dickens und Dostojewskij ein Minderheitenprogramm – der Gedanke allein ist schon traurig genug. Ist das eine Aussage von Dir oder ein Zitat von Nüchtern (ich durchschaue nicht, ob die Einrücker bei Deinem Layout – also die Dinger mit den Balken) – Zitate oder hervorhebenswerte Gedanken kennzeichnen sollen). Jedenfalls: Ja, leider ist das wohl so, Minderheitenprogrammautoren. Aber ich persönlich bin froh, dass ich keinen davon verpasst habe.
Und bei Doderer komme ich eh ins hemmungslose Schwärmen, nur kann ich das nicht so schön österreichisch wie Frau Menasse.
Das sind tatsächlich Zitate. Ja, leider hat er wohl recht, aber wir stemmen uns ja weiter dagegen, gegen die Mehrheit, und versuchen ein paar von ihnen zu uns zu holen. Nüchtern ist da ein guter Helfer.
(Menasse ist wirklich sehr klug.)
Wg. Zitaten: Danke, weiß ich dann für künftig.
Wg. Menasse – da Du Doderer liest: Eva Menasse trommelte auch sehr für diesen Roman „Murmeljagd“ von Ulrich Becher (1969). Ich meine, der wäre auch was für Dich.
Danke, das habe ich auf dem Schirm, ich glaube sogar wegen Eva M und mal bei Sätze & Schätze empfohlen worden 😉