von Volha Hapeyeva
Präambel
Im Sommer 2020 gab ich der Journalistin eines einflussreichen Portals ein Interview zu meinem neuen Gedichtband. Ein paar Tage später teilte sie mir mit, dass der Redakteur das Material nicht angenommen hätte, und begründete seine Ablehnung mit dem Satz: »This is not the time for poetry« (»Dies ist nicht die Zeit für Poesie«). Das Land, mein Land, Belarus, bereitete sich auf die Präsidentschaftswahlen vor.
Schiffe vor Anker, Autos auf Parkplätzen,
aber ich bin diejenige, die kein Zuhause hat
Wo immer ich hingehe, wo immer ich bleibe, auch wenn es nur für eine Nacht ist, fange ich sofort an, diesen Ort mein Zuhause zu nennen. Ein Hotelzimmer ist mein Zuhause, ein Gästezimmer bei einem Freund – Zuhause; Flughäfen, Bahnhöfe – auch die. Das ist eine Art nomadisches Denken. Der Versuch dazuzugehören. Wenn man keine eigene Wohnung hat, wird jeder Ort zu einem potenziellen Zuhause. Ist das Verzweiflung oder Hoffnung? Viele Jahre des Reisens und das Fehlen einer eigenen Wohnung haben mich daran gewöhnt.
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