von Lukas Betzler
Vor hundert Jahren, am 15. Januar 1922, wurde Franz Fühmann im böhmischen Rokytnice nad Jizerou (Rochlitz an der Iser) geboren. Fühmann wurde einst zu den bedeutendsten Schriftsteller:innen der DDR gezählt und auch im Westen gelesen, wo seine Werke vor allem bei Suhrkamp und Luchterhand erschienen. Heute hingegen, knapp 38 Jahre nach seinem Tod, ist er weitgehend in Vergessenheit geraten. Nur unter denjenigen, die in der DDR aufwuchsen, hat sein Name noch einen vertrauteren Klang, denn es gab dort in den siebziger und achtziger Jahren wohl kaum ein Kind, das keine seiner Kindergeschichten oder Mythen-Nacherzählungen kannte. Aber diese Lektüren liegen schon weit zurück und werden nur bei wenigen seither erneuert worden sein. Auf dem Radar der Literaturkritik und -wissenschaft befindet sich Fühmann, von wenigen Ausnahmen abgesehen, sowieso schon seit längerer Zeit nicht mehr. Daran hat bislang auch der Umstand wenig geändert, dass Fühmann von Schriftsteller:innen wie Marcel Beyer, Annett Gröschner, Peter Härtling oder Ingo Schulze zu ihren wichtigsten Vorbildern gezählt wird. Die „Fühmann-Renaissance“, von der Stephan Krause schon 2018 auf literaturkritik.de angesichts zahlreicher neuer Veröffentlichungen zu Fühmann freudig schrieb, ist bedauerlicherweise immer noch mehr Wunsch als Wirklichkeit.
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