Schlagwort: Jugendbuch

Kassiber in der Kinderzimmerrevolution

von Jasper Nicolaisen

Die Buchreihe „Fighting Fantasy“, in Deutschland als „Fantasy-Abenteuer-Spielbuch“ vermarktet, wird 2022 vierzig Jahre alt. In der BRD war sie in den achtziger Jahren maßgeblich mitbeteiligt an einer nicht erklärten, ungesteuerten, von Erwachsenen weitgehend übersehenen Revolution in den Kinderzimmern, die bis heute nachwirkt – in der Popkultur, auf dem Buchmarkt, in der Arbeit von Kulturschaffenden, die heute im mittleren Alter sind.

Wer zu jener Zeit in jenem Land Kind oder Jugendlicher war, musste sich Wege in die populäre Kultur und damit zur Selbstvergewisserung, was man in dieser komischen Welt denn sein sollte, an Orten und in Medien suchen, die heute in der Lebenswelt junger Menschen nur noch eine geringe Rolle spielen: Fernsehen, Buch- und Spielwarenläden, Bibliotheken. Diese Räume waren mehr als das Internet von Erwachsenen strukturiert und überwacht.

Was es dort an widerborstigen, von Kindern zu besetzenden Medien gab, musste diese Kontrolle passieren. Der Thienemann-Ausgabe von „Fighting Fantasy“ mit dem charakteristischen roten Buchrücken, den reißerischen Titeln und vor allem den krassen Titelbildern und den wunderbar skurrilen Illustrationen konnte niemandem entgehen, der sich irgendwie für fremde Welten, Abenteuer und etwas noch unbestimmtes Anderes interessierte, das die „guten Bücher“ in der Schule und unter dem Weihnachtsbaum nicht boten. Wie konnten diese Bücher überhaupt ungehindert in Büchereien und Buchhandlungen gelangen?

Der Drang nach diesem diffusen Anderen nahm in der BRD der frühen achtziger Jahre eine politisch reale Gestalt in den neuen sozialen Bewegungen an, in der Formierung der Grünen, in Protesten und Demonstrationen von bisher nicht gekanntem Maßstab. Auf dem Feld der Kultur hob die Esoterik ihr Haupt, Innerlichkeit und spirituelle Erkenntnis blühten, und  es gab eine erste Fantasywelle, die Filme, Spielzeuge, Kassetten, aber auch die Bücher von Michael Ende und Wolfgang Holbein umfasste. Mit Punk und New Wave, die Plastik, Beton und Dreck verherrlichten, gab es zugleich einen Ort für alles, was von dieser neuen Richtung abgespalten war und sein wollte. 

Der Erfolg der Kinderzimmerevolution wurde dadurch befördert, dass die Reihe „Fighting Fantasy“ einerseits an den große Trend zum Bunten und Fantasievollen andockte, also auch von Erwachsenen für Kinder und Jugendliche gekauft wurde, andererseits mit dem Element der Kommerzialisierung und Kommodifizierung von Fantasie und vor allem einem starken Element des Triebhaften – Gewalt, Aggression, Verteidigung des Rechts auf Gegenwelt und Abschottung, in verklausulierter Form auch Sexualität – genug Abgrenzungspotential gegenüber der Erwachsenenwelt für die Zielgruppe bot. Die Fantasymedien schwammen auf dem Zeitgeist, und waren doch ein Ort für das Dagegensein gegen das Dagegensein der Erwachsenen.

„Fighting Fantasy“ signalisierte dieses widerständige Element zunächst optisch. Anders als die andere große Marschkolonne der Kinderzimmerrevolution, das Pen-and-Paper-Rollenspiel „Das Schwarze Auge“, setzte die Reihe auf in-your-face Monsterbilder, Actionszenen, grelle Farben und durchaus auch auf pralle Körper in Lederrüstungen, eine Aufmachung, die zusammen mit Titel wie „Labyrinth des Todes“, „Sumpf der Skorpione“, „das Höllenhaus“ oder „Tempel des Schreckens“ einen Grad an Exploitation zur Schau stellte, wie man ihn bis dahin im Bereich der Jugendliteratur nicht gekannt hatte.

Zum Vergleich: „Das Schwarze Auge ging einen ganz anderen Weg. Es war eine Wutproduktion alteingesessener deutscher Platzhirsche, die in den Lizenzverhandlungen über den kinderkulturellen Molotow-Cocktail dieser Zeit – die „Red Box“ von „Dungeons and Dragons“ – gescheitert waren. Mit dem in wenigen Wochen zusammengeschusterten Produkt wollten sie der Konkurrenz aus Amerika zeigen, wer Herr über deutsche Kinderzimmer war.

Dass das gelang, lag neben dem massiven Druck, den Schmidt und Droemer-Knaur auf den Handel ausübten, an der Erfahrung und dem Einfallsreichtum der eilig beauftragten Spieldesigner und eben auch an der Gestaltung, die aus den Spieleregalen der Kleinstädte genau so krass hervorstach, wie „Fighting Fantasy“ aus den Drehständern der Kinderbüchereien. Vor allem der türkische Künstler Uğurcan Yüce prägte das Spiel mit Ölgemälden, die im Nebeneinander von schnauzbärtigen Helden, bezopften Amazonen in Lederbikinis und bergglühenden Romantiklandschaften viel Karl-May-Feeling auf die Fantasy-Action propften, eine Anmutung, für die sich in der Rollenspielszene der Begriff „Hotzenplotzigkeit“ eingebürgert hat.

Dieses Antäuschen ins Biedere zwecks Elternsedierung ging „Fighting Fantasy“ vollkommen ab. Die beiden Erfinder, Steve Jackson und Ian Livingstone, hatten im heimischen England ebenfalls „Dungeons & Dragons“ in die Hände bekommen und dort das Prinzip des „Soloabenteuers“ kennen gelernt, also die Organisation eines Textes entlang von Entscheidungsbäumen, durch die Leser*innen, die im Text mittels „du“ als Protagonist*in angesprochen werden, Wege auswählen und andere verwerfen. Konkret war der Text in nummerierte Abschnitte gegliedert, an deren Ende Leser*innen jeweils aufgefordert wurden, den Fortgang der Geschichte zu beeinflussen, indem sie unter mehreren möglichen Handlungen wählten und den entsprechenden Abschnitt aufsuchten. 

Jackson und Livingstone ergänzten dieses Prinzip nun, indem sie das „du“ des Protagonisten als Spielfigur ausstaffierten und dafür rudimentäre Rollenspielregeln mit abdruckten. Die Leser*innen wurden im Text regelmäßig aufgefordert, das „du“ gegen Monster und Fallen antreten zu lassen, indem sie diese Regeln anwendeten. Dabei war es möglich zu sterben, was eigentlich bedeutet hätte, das Buch von vorne anfangen zu müssen, bis der richtige Pfad durch den Ereignisbaum (oder einer von mehreren möglichen) gefunden und regelkonform bestanden war. Natürlich lag ein Reiz der Bücher auch darin, dass der Regelverstoß ständig lockte, denn die Leser*innen waren ja allein und unbewacht mit dem Buch beschäftigt.

Optisch wie inhaltlich zeigten die beiden Briten eine Vorliebe fürs Skurrile, Drastische und Schwarzhumorige, wie es der heimischen Fantasytradition von Mervyn Peake über Michael Moorcock bis hin zu Susanna Clarke entsprach und entspricht. Nicht zuletzt die vielen unverhofften und stets an der Grenze des Sadistischen ausgeführten Tode des „du“, aber auch eine endlose Reihe von absurden Fallen, seltsamen Kreaturen und eigenwilligen Antagonist*innen verliehen „Fighting Fantasy“ ein Gepränge, das an Terry Gilliam und die Fantasyverfilmungen der BBC denken lässt.

Es muss diese Mischung aus krasser, aber „wenigstens nicht so amimäßiger“ Optik und der Vermarktung als Spiel gewesen sein, das den Eintritt in die Welt der guten Bücher in Deutschland möglich machte. Immerhin lesen die Kinder, wird man sich gesagt haben, und die Sache mit dem Würfeln und Entscheiden und ins Buch reinkritzeln, das ist kreativ, das ist aktiv, da lassen sie sich nicht nur berieseln.

Im deutschen Kontext liefen diese Bücher im Sprechen über das kulturelle Feld zunächst fast unter dem Radar und wurden in ihrer Bedeutung nur in kindlichen und jugendlichen Räumen erkannt. Die großen Diskussionen um „Gewaltlosigkeit“ unter Erwachsenen jener Tage drehten sich um Fernsehsendungen und den schädlichen Einfluss von Spielzeugwaffen und Masters-of-the-Universe-Figuren auf kindliche Gemüter. Die eigentlich sehr viel heftigeren, subversiveren „Fighting Fantasy“-Bücher schummelten sich als Kassiber unter der elterlichen Aufsicht in Kinderhände. Immerhin waren es Bücher aus der Bücherei, also sicherlich kontrolliert und abgesegnet, und was genau da drin stand, damit befassten sich Eltern nicht, weil ihnen das Durchspielen zu umständlich und zu kindisch war.

Diese Kassiberfunktion von „Fighting Fantasy“ zeigt sich deutlich, wenn man heute mit Menschen spricht, die in den achtziger Jahren für Heavy-Metal und Horrorfilme zu jung, für Computerspiele zu wenig mit technikaffinen Eltern gesegnet und trotzdem irgendwie mit der Vorstellung groß geworden waren, dass „Anderssein“ etwas Gutes sein sollte. Es war die bürgerliche Mittelklasse, die so tat, als gelte ihr Bildung mehr als Reichtum, Individualität mehr als Erfolg, um sich von den ganz Armen und obszön Reichen abzugrenzen, deren Kinder über „Fighting Fantasy“ erstmals mit Residuen der Gegenkultur, des Grotesken und positiv besetzten Triebhaften in Berührung kommen konnten.

Aus diesem Milieu stammen in vielen Fällen Menschen, die heute Autor*innen, Illustrator*innen, Verlagsleute, Spieldesigner*innen, Programmierer*innen und dergleichen geworden sind. Hier ist „Fighting Fantasy“ noch immer ein Begriff und wird  nostalgisch erwärmt genannt, wenn es um den „Einstieg“ in Nerdwelten, ins Spielen, in Computerzeugs und Underground geht.

Das Erbe von „Fighting Fantasy“ hat so indirekt zu einigen kulturellen Phänomenen der Gegenwart beigetragen. Es ist ein frühes Beispiel der grell sichtbaren Reihenbildung im Jugendbuchbereich. Inhalte und Gestaltungselemente, die bis dahin jungen Erwachsenen vorbehalten waren, glitten hier ein bis zwei Altersstufen tiefer. „Fighting Fantasy“ steht auch am Beginn einer tendenziellen Angleichung kindlicher und erwachsener Medienwelten, was Ausstattung und Vermarktung betrifft.

Das relativ ungenierte Einbringen gewaltvoller, drastischer und schwarzhumoriger Elemente trug dazu bei, die Maßstäbe dessen zu verschieben, was man für Kinder und Jugendliche angemessen und auch zumutbar findet. Überhaupt sehen wir mit dem Trend zum „All-Age“-Roman der letzten Jahre und Filmprodukten, wie etwa von Pixar, eine Verwischung der Zielgruppen, bei der oft gar nicht mehr klar ist, welche Altersgruppe adressiert ist und Kulturprodukte beständig auf unterschiedlichen Bedeutungsebenen arbeiten. „Fighting Fantasy“ hat diesen Trend nicht verursacht, aber ihm in Deutschland mit den Weg geebnet.

Während „Das schwarze Auge“ ganz unmittelbar Autor*innen ausgebildet hat, die heute Fantasy-Bestseller schreiben, ist die direkt sichtbare Kulturproduktion der „Fighting Fantasy“-Leser*innen weitgehend ausgeblieben. Sehr prominent findet sich in Saša Stanišić´ Herkunft ein nach dem Vorbild der „Fighting Fantasy“ gestaltete Textsequenz. Ansonsten dürfte der Einfluss eher auf der Ebene der Entscheider*innen und der Marktgestalt zu finden seien.

Etwas erstaunlich bleibt, dass „Fighting Fantasy“ von den allgegenwärtigen Retro- und Nostalgiewellen gerade in Bezug auf die achtziger Jahre nicht erfasst wird. Zwar erscheinen auf Englisch bis heute neue Titel, die Bücher können inzwischen als Handy-App gespielt werden, und nach einigen Brettspielumsetzungen in früheren Jahrzehnten gibt es mit Escape the Dark Castle eine gelungene zeitgenössische Umsetzung für das Gruppenspiel.

Aber die ganz große Wiederbelebung mit Neuauflagen und schwärmerischen Artikeln in Magazinen für Berufsjugendliche wie Zeit und Süddeutsche bleibt aus. Vielleicht ist das Interaktionserlebnis, das mit den Büchern möglich war, heute zu sehr von Computerspielen besetzt. Um zu begreifen, ob sich auf diesem Feld ähnliche Kassiber tummeln, die unsere Kinder so schön verderben wie in den Achtzigern „Fighting Fantasy“, bin ich, der ich dies schreibe, und du, der es liest, zu alt, und dieser Text kennt keine Abschnitte, an die wir noch springen könnten, um uns zu retten.

Foto von Jr Korpa

Demokratie (vor)lesen – Über politische Kinder- und Jugendbücher in Krisenzeiten

von Tobias Gralke

 

Neulich war ich mit meinem Kind (5) in der Buchhandlung. Nachdem wir uns ein paar Titel angesehen hatten, sagte es: „Ich werde das Gefühl nicht los, dass mir einige dieser Bücher nicht weniger als die Weltrettung aufbürden wollen – was ja okay wäre, wenn sie dabei nicht so tun würden, als wäre das ein Kinderspiel, und vor allem, wenn sie dabei nicht die Unterdrückungsverhältnisse aussparen würden, deren Beseitigung unsere Elterngeneration versäumt hat.“ Ich war sprachlos.

Auf Twitter gibt es ein Meme, das genau so funktioniert: Unter der Behauptung, eine tatsächlich erlebte Alltagssituation nachzuerzählen, werden (fiktiven) Kindern politische Weisheiten und Parolen in den Mund gelegt, die durch den offensichtlichen Widerspruch zwischen der elaborierten Aussage und dem Alter der Sprechenden als Ironie erkennbar werden.

Die Ironie verweist darauf, dass das Kind, von dem erzählt wird, vor allem ein Medium für die Gedanken von Erwachsenen ist. Im Meme dient sie dazu, sich über (gänzlich unironisch gemeinte) Anekdoten lustig zu machen, in denen Kindern fremde Aussagen zugeschrieben werden, um einer banalen Aussage poetische Wucht zu verleihen. “Ausdenktwitter” wird das in den Sozialen Medien genannt.

In diesem Text wiederum dient die Ironie der ausgedachten Anekdote dem Einstieg in ein Thema, über das zu schreiben mir erst über Umwege möglich scheint: Politische Kinder- und Jugendbücher. Der Anlass ist simpel. Im Höllenjahr 2020 habe ich mir einen Stapel von Kinder- und Jugendbüchern zu politisch-gesellschaftlichen Themen gekauft – weil ich (29 Jahre alt und noch kinderlos) mich frage, wie es ist, im Deutschland der Gegenwart aufzuwachsen, mit welchen Bildern und Vorstellungen junge Menschen hier politisch sozialisiert werden. Ein bisschen auch, weil ich selbst nach einem anderen, ermutigenden Blick auf die krisenhafte Gegenwart suche.

Was Kinder- und Jugendbücher politisch macht

Dass es mir als kinderlosem Erwachsenen zumindest umwegsbedürftig vorkommt, über politische Kinder- und Jugendbücher zu schreiben, hat einen einfachen Grund. Kinder- und Jugendbücher werden in den allermeisten Fällen von Erwachsenen geschrieben, illustriert, verlegt und vermarktet. Daraus ergeben sich vier Aspekte, die diese Bücher auch unabhängig von ihrem Inhalt politisch machen: das Verhältnis der Autor:innen zu den Lesenden, das individuelle Rezeptionsverhältnis zwischen Medium und Leser:in, das Werteverhältnis der Produzent:innen zum Thema und die diskursive Rolle des Buchs in der Öffentlichkeit. Durch dieses vierfache Verhältnis geben politische Kinder- und Jugendbücher auf besondere Weise Aufschluss über Themen, Konflikte und Fragestellungen einer gesellschaftlichen Gegenwart.

Indem politische Kinder- und Jugendbücher versuchen, komplexe Themen auf greifbare Bilder zu bringen, erzählen sie auch etwas darüber, welche politisch-moralischen Vorstellungen und Grundannahmen für relevant und vererbungswürdig gehalten werden. Hinzu kommt, dass Kinder- und Jugendmedien generell im gleichen Maß Gegenstand politischer Konflikte sind wie ihre jungen Rezipient:innen besondere politische Subjekte verkörpern. Kinder (und mit Abstrichen auch Jugendliche) gelten gemeinhin als unschuldig, von gesellschaftlichen Konflikten und Zwängen noch unkompromittiert, als Hoffnungsträger:innen, Zukunftsversprechen und radikale Neuanfänge.

Im gesellschaftlichen Umgang mit Kinder- und Jugendbüchern spiegeln sich darum nicht nur politisch-kulturelle Auseinandersetzungen über die nähere Zukunft, sondern immer auch verschiedene Verständnisse davon, wie junge Menschen erzogen und gebildet werden sollen. Im besten Fall äußert sich das in Ansätzen, mit denen Kinder zur selbstbestimmten Persönlichkeitsentfaltung begleitet oder zum kritischen Umgang mit Vorurteilen befähigt werden, manchmal auch darin, dass Pädagog:innen für diskriminierende Machtverhältnisse sensibilisiert werden – im schlechtesten Fall gestaltet es sich als reaktionäre Vereinnahmung und als entmündigender Angstdiskurs um die angebliche Indoktrination oder „Frühsexualisierung“. Politische Kinder- und Jugendbücher geben also nicht nur Aufschluss darüber, mit welchen Themen, Konflikten und Fragestellungen junge Menschen konfrontiert, sondern auch, welche Rollenbilder und Handlungsspielräume ihnen in Bezug darauf vermittelt werden.

Mit diesen Gedanken im Kopf beginne ich zwischen den Jahren, den kleinen Bücherstapel zu lesen. Was erzählen diese vier Kinder- und Jugendbücher (alle 2020 in Deutschland erschienen) mir als erwachsenem Leser? Welche Themen, Rollenbilder und Handlungsspielräume stellen sie dar? Welche Zusammenhänge zeigen sie auf, welche Details lassen sie aus? Was setzen sie den oft eindimensionalen Kindheitsdarstellungen in Erwachsenenmedien entgegen? Wie verhalten sie sich zu einer Gegenwart, in der jungen Menschen ein gewaltiges Ausmaß an intergenerationaler Solidarität abverlangt wird, die grundgesetzliche Verankerung von Kinderrechten aber immer noch aussteht?

Einer Gegenwart, in der fast jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut bedroht ist und Kinder an den europäischen Außengrenzen mit Tränengas beschossen, mutwillig dem Tod im Mittelmeer oder Traumatisierung und Rattenplagen in Notlagern überlassen werden? In der Kinder gezielt in die faschistoiden Abgründe der „Querdenken“-Bewegung gezogen werden? In der junge Menschen für Klimagerechtigkeit und den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen demonstrieren, aber lediglich Schulterklopfen und halbgaren Reformismus ernten? In einer Gegenwart also, in der ich nicht aufhören kann mich zu fragen, ob es verantwortlich oder auch nur fair ist, selbst Kinder zu bekommen. Wie kann ich, in Anbetracht dieser Machtgefälle, über politische Kinder- und Jugendbücher schreiben, wenn sie doch eigentlich nicht für mich sind?

Das ikonische Kind: Greta Thunberg und die Klimakrise

Das erste Buch auf meinem Stapel richtet sich nicht nur an Kinder und Jugendliche, es handelt auch von einer Aktivistin, die zum Vorbild vieler junger Menschen wurde, als sie selbst noch fast ein Kind war: Greta Thunberg, deren Schulstreik Jahr 2018 die größte Klimaschutzbewegung der Geschichte auslöste und einen rasanten Ikonisierungsprozess in Gang setzte, der in der Kino-Dokumentation I am Greta (2020) seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Seit 2020 ist Greta Thunberg nun auch Titelheldin der populären Little People, Big Dreams-Reihe (Maria Isabel Sánchez Vegara),Vegara, M: Greta Thunberg Little People, BIG DREAMS, Band 40: Amazon.de: Sanchez Vegara, Maria Isabel, Weckmann, Anke: Fremdsprachige Bücher in der auf jeweils wenigen Seiten die Biographien bekannter Persönlichkeiten (u.a. Martin Luther King, Simone de Beauvoir, Bob Dylan) erzählt und illustriert werden. Die Reihe richtet sich vorrangig an Menschen zwischen 4-10 Jahren und porträtiert ihre Protagonist:innen entsprechend. Die Erzählungen starten in der Kindheit und enden mit einem Vermächtnis, das zu ähnlichen Großtaten inspirieren soll.

Im Fall Greta Thunbergs beginnt die Erzählung damit, dass die „kleine Greta“, die von ihren Eltern gelernt hatte, „freundlich zur Natur“ zu sein, von der Klimakrise erfährt: „Die Erde wurde wärmer, und das war von Menschen gemacht. Die Erwachsenen wissen das schon lange, haben aber wenig dagegen getan. Jeden Tag erzeugen sie Millionen Tonnen von Gasen, die dem Klima schaden.“ Greta kann diese Tatsache nicht ignorieren, wird aktiv und inspiriert weltweit Menschen, gegen Erderhitzung und Massenaussterben zu protestieren. Nach 26 Seiten ist der Höhepunkt bereits erreicht: „Was mit nur einem Mädchen und ihrem handgemalten Schild begann, ist eine Bewegung geworden und geht uns alle was an. Gegen den Klimawandel muss die gesamte Menschheit handeln, und Greta ist zwar klein, aber längst nicht mehr allein.“

Die Erfolgsgeschichte und ihre bunt bebilderte Darstellungsweise sind einnehmend, sie vereinfachen den komplexen Gegenstand jedoch an den falschen Stellen. Das gilt weniger für die rasante Dramaturgie, die sich mit der erzählten Zeit besser decken dürfte als bei den meisten anderen Titeln der Reihe. Vielmehr wird die Protagonistin durch verschiedene Faktoren zu einer Figur verniedlicht, die zwar als mutige, zunehmend auch selbstständige Aktivistin erscheint, an der echten Greta Thunberg (Anfang dieses Jahres übrigens volljährig geworden) aber auffallend vorbeigeht.

Die durchgehende Verniedlichung reicht von dunkelrosa Backen (die im ganzen Buch dazu noch fast ausschließlich von weiblich gelesenen Figuren getragen werden) bis hin zur Frage, in welchem Ausmaß Greta – und damit Kinder überhaupt – die Klimakrise begreifen können. Das Buch stellt die katastrophalen Folgen der Erderhitzung („Den meisten in Gretas Klasse taten die Eisbären leid“) genauso reduziert dar wie ihre systemischen Ursachen und die Spielräume politischen Handelns. Greta überzeugt zwar ihre Eltern davon „nicht mehr zu fliegen und kein Fleisch mehr zu essen“, verlangt von „den Mächtigen der Welt“, vor denen sie in New York spricht, aber lediglich, „sich nicht länger herauszureden und endlich etwas zu tun.“ Die Frage, was genau getan werden müsste, bleibt dabei unbeantwortet und wird ins private Konsumverhalten verschoben: „Man kann so viele kleine Dinge ändern! [Greta] weiß, willst du etwas bewegen, musst du bei dir selbst beginnen.“

Diese Vereinfachung mag der Ausrichtung auf eine junge Zielgruppe geschuldet sein, ist aber auch genau deswegen problematisch. Sie nimmt der Aktivistin Greta Thunberg ihr Detailwissen, ihre inhaltliche Wucht und reduziert die Figur auf Kleine-Mädchen-Klischees (sowie ihren als Superkraft dargestellten Autismus). In dieser Mischung aus Verniedlichung und Vereinfachung mag die Erzählung zwar sicher einige Kinder inspirieren und an das Thema heranführen, steht aber leider auch symptomatisch für den Umgang vieler Erwachsener mit der jungen Klimabewegung: Infantilisierung als bewusste genau wie unbewusste Abwehrstrategie, um von der grundstürzenden Klarheit ihrer Forderungen abzulenken. Greta selbst spricht übrigens kein einziges Mal im Lauf des Buchs.

Die Erinnerung wachhalten: Comics nach Auschwitz

Von den Problemen der Gegenwart und Zukunft geht es zu einem Buch, das sich der Vergangenheit widmet. Die Graphic Novel Bald sind wir wieder zuhause (cross-cult Verlag, Jessica Bab Bonde, Peter Bergting) dokumentiert die Geschichten von sechs jüdischen Holocaust-Überlebenden, die zum Zeitpunkt ihrer Deportation noch Kinder waren. Die Texte basieren dabei auf Gesprächen der sechs Überlebenden mit den Macher*innen des Buchs.

Bald sind wir wieder zuhause erzählt in sechs kurzen Kapiteln wie Tobias,Bald sind wir wieder zu Hause eBook: Bonde, Jessica Bab, Bergting, Peter: Amazon.de: Kindle-Shop Livia, Selma, Susanna, Emerich und Elisabeth aus ihrem gewohnten Leben gerissen werden, ihre Freund:innen und Eltern verlieren, in nationalsozialistischen Arbeits- und Vernichtungslagern gefangen gehalten und nach Kriegsende in Freiheiten geworfen werden, mit denen umzugehen sie erst lernen müssen. Der Frage nach der Darstellbarkeit der Shoah scheint sich das Buch dabei erst gar nicht zu stellen. Die Bilder sind düster, ausdrucksstark, mitunter auch drastisch. Sie zeigen brennende Synagogen, Deportationszüge, Erschießungen, Skelette, Leichenberge, Selektionen, Krematorien. Manche bebildern Leerstellen in den Erfahrungsberichten der Überlebenden. Anderswo lassen dafür die Gutters (die weißen Streifen zwischen den einzelnen Bildern) Raum für die Stille des Unaussprechbaren. Die im Rückblick formulierten Erinnerungen der Überlebenden perspektivieren die Bilder der jungen, kahlgeschorenen Protagonist:innen und schaffen Distanz zur unmittelbaren Darstellung des Lagergrauens.

Durch die insgesamt nicht respektlose, aber doch mindestens effektvolle Darstellungsweise steht Bald sind wir wieder zuhause in einer Reihe neuerer Holocaust-Vermittlungsformen für junge Publika (zuletzt etwa die kontrovers diskutierte Instagram-Webserie Eva Stories), die in Anbetracht immer weniger werdender Zeitzeug:innen und geringen Wissens unter deutschen Schüler:innen von zunehmender Relevanz sind. Die dokumentarische Basis der Erzählung legitimiert ihre explizite Ästhetik und stellt diese in den Dienst der Erfahrungsweitergabe – eine Motivation, die von den Protagonist:innen selbst sowie den Macher:innen des Buchs an mehreren Stellen benannt wird.

Konterkariert wird der Ansatz lediglich dadurch, dass diese Rahmung sowie die Plötzlichkeit, mit der der Einbruch der Shoah ins Leben der sechs Kinder dargestellt wird, mitunter verschleiernd wirken. So wie es schon im Vorwort zwar gut gemeint, aber doch stark verallgemeinernd heißt: „Ich glaube, dass diese Dinge auch uns, dir und mir und unseren Familien passieren können“, so fehlt leider auch eine Einordnung der nationalsozialistischen Verbrechen in historische Kontinuitäten der Judenfeindlichkeit und des völkischen Nationalismus – eine Zeittafel am Ende des Buchs umfasst lediglich die Jahre 1933-45. Wie es zur konservativen Machtübergabe an die Faschisten und zum Holocaust kommen konnte, von wem heute Wiederholungsgefahr ausgeht, bleibt unbenannt.

Plurales Zusammenleben, homogenes Schreiben?

Dem demokratischen Zusammenleben im Deutschland der Gegenwart widmet sich: Wer tanzt schon gern allein? (Hrsg.: Karin Gruß) von der Bundeszentrale für politische Bildung. Es versammelt 25 „Bilder, Geschichten und Gedichte zur Demokratie“, wie es im Untertitel heißt. Das Buch richtet sich an Menschen ab sieben Jahren und versucht, einen kindgerechten Blick auf Deutschland als plurale Gesellschaft im Kontext von Flucht und Einwanderung sowie der politischen Verschiebungen seit 2015 zu werfen.

Wer tanzt schon gern allein? will die Grundlagen des Zusammenlebens in Wer tanzt schon gern allein? | bpbVielfalt vermitteln, ohne dabei zu abstrakt oder theoretisch zu werden. In manchen Texten geht es um die Ungerechtigkeit, als Kind noch nicht wählen zu dürfen, um Widerstand gegen Erwachsene und um demokratische Streitkultur. Viel wird dabei über Tiere („Disku-Tiere“, „Lamen-Tiere“, …) oder weitere Elemente kindlicher Bildwelten (die Erde als schmelzende Eiswaffel) erzählt. Andere Texte drehen sich um „Wutbürger“, den Weltuntergang oder die Ehe für alle. Das meiste ist liebenswürdig erzählt und gestaltet, in seiner thematischen und ästhetischen Bandbreite aber auch nah an der Beliebigkeit.

Dieser Eindruck würde insgesamt nicht zu stark ins Gewicht fallen, wenn an anderen Stellen nicht große Fragezeichen entstünden. So wird beispielsweise in einem Text ein offensichtlich darauf angewiesener Pfandflaschensammler („Harry findet immer etwas“) dargestellt und an die Lesenden die Frage gerichtet: „Was WÜRDE ihm helfen?“  Das suggestive Wortspiel (mit ‘Menschenwürde’) mag zwar im besten Fall zu einem Anflug von Empathie führen, konkretere Antworten aber – Umverteilung, Hartz IV abschaffen, Maßnahmen gegen Altersarmut – spart das Buch aus.

Zum genügsamen, staatstragenden Eindruck trägt auch das Vorwort des stellvertretenden Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Joachim Stamp (FDP), bei, der zwar pflichtschuldig über Demokratie und Menschenrechte sinniert, dabei aber leider (?) vergisst, seine umstrittenen Positionen zu Abschiebungen und sogenannter „Clan-Kriminalität“ zu erwähnen. Ein weiteres Fragezeichen entsteht in Bezug auf das Verhältnis von Produzent:innen, thematischem Anspruch und Zielgruppe. So oft im Buch auch von Einwanderung und Vielfalt die Rede ist, die Autor:innen- und Illustrator:innen sind – soweit sich das aus den abgedruckten Biographien und Google-Recherchen herauslesen lässt – mit wenigen Ausnahmen weiß und ohne Flucht- oder Migrationserfahrung. Dieses Missverhältnis äußert sich in Details wie ausgeschriebenen N-Wörtern sowie im insgesamt fehlenden Bewusstsein für Machtverhältnisse und ihre Veränderung, sowie für Differenz statt unreflektierter Gleichheit („Ausländer haben wir nicht. Bei uns gibt es nur Kinder.“) Insgesamt bleibt so die Frage, an wen und mit welchem Ziel sich das Buch richtet.

Das Buch vom Antirassismus und das Kontextproblem

Das vierte Buch auf meinem Stapel adressiert seine Zielgruppe dagegen wesentlich klarer: Das Handbuch This book is anti-racist (Tiffany Jewell, Aurélia Durand) erschien im Januar 2020 in Großbritannien, wurde in den USA zum New-York-Times-Bestseller und im September als Das Buch vom Antirassismus im Berliner Zuckersüß-Verlag veröffentlicht. Es richtet sich an Menschen im Alter von 10-17 Jahren, soll vor allem junge BIPoC in ihrer politischen Identitätsfindung begleiten und sie für anti-rassistische Kämpfe empowern.

In 20 Lektionen führt es die Lesenden an theoretische Konzepte heran und weitet ihren Blick für historische wie strukturelle Zusammenhänge. Viel mehr noch lädt es sie in kleinen Zwischenaufgaben dazu ein, sich ins Verhältnis zu diesen Strukturen zu setzen, die eigene Position zu entdecken und schließlich ein intersektionales, solidarisches Bewusstsein für die gemeinsamen Kämpfe rassifizierter Menschen zu entwickeln. Das Buch nimmt seine Lesenden bei alledem auf eine liebevolle, zugewandte Weise ernst. Es spart nichts aus, ermutigt aber zu Atempausen und vermittelt Fehlerfreundlichkeit. Es ist in zärtlichen Parolen geschrieben (“Du hast das Recht gesehen und verstanden zu werden!”) und mit Illustrationen versehen, die gleichermaßen als Demo-Schilder wie als stylische Lerngrafiken funktionieren.

Das Buch vom Antirassismus reflektiert an vielen Stellen seine Rolle als emanzipatorisches Bildungsmedium in rassistischen Gesellschaften. Es spricht die „globale Mehrheit“ an statt „marginalisierte Menschen“, historisiert die Schule als koloniales Unterdrückungsinstrument genau wie als Ort des Widerstands und setzt Statistiken über mangelnde Diversität auf dem Buchmarkt strahlende Repräsentationen nicht-weißer Jugendlichkeit entgegen. Ein Problem der deutschsprachigen Ausgabe ist allerdings: Sie tut all das vorrangig in Bezug auf Großbritannien und die USA. So sind zwar einzelne knappe Absätze über die deutsche Kolonialgeschichte eingefügt – spezifische Rassismuserfahrungen von jungen Menschen in Deutschland (antimuslimischer und antiasiatischer Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, …)  fehlen aber komplett. Wie auch die Kuratorin und Autorin Mahret Ifeoma Kupka argumentiert hat, wird dadurch nicht nur fälschlicherweise der Eindruck erweckt, Rassismus sei vor allem andernorts ein Problem, sondern  es werden auch kontextbezogene Rassismusforschung und anti-rassistischer Widerstand in Deutschland unsichtbar gemacht.

Eine Frage des Ernstnehmens

Ist es nun aber eigentlich angebracht, Kinder- und Jugendbüchern Auslassungen vorzuwerfen, wo es womöglich einfach um Zugänglichkeit geht? Strukturfragen zu stellen, wo doch für Kinder vermeintlich ‚alle Menschen gleich‘ sind? Das alles noch dazu als Erwachsener und ohne kindliches Korrektiv? Ich denke, ja. Man kann die Welt der Kinder- und Jugendmedien natürlich als politikfreien Raum verklären – aber ich glaube, dass man damit weder dem Genre noch jungen Menschen, geschweige denn der Welt, in der sie aufwachsen gerecht wird. Es geht letztlich darum, eine Literaturform genauso ernst zu nehmen wie im besten Fall ihre Leser:innen.

Die vier hier behandelten Bücher sind natürlich nur ein Ausschnitt. Zufällig gewählt aber sind sie nicht. Sie erreichen hohe Verkaufszahlen, werden von der Kritik gefeiert oder mit öffentlichen Geldern finanziert. Und sie geben einen Eindruck davon, vor welchen epochalen Herausforderungen und Kämpfen junge Menschen stehen: die ökologische Krise, die Wiederkehr des Faschismus, das friedliche Zusammenleben in Pluralität, das Aufwachsen in einem rassistischen Gesellschaftssystem. Gemessen daran mag es verständlich sein, sich nach einer Schonfrist für Heranwachsende zu sehnen. Dabei kann aber leicht der Eindruck entstehen, dass es eher um den Gegenwartseskapismus Erwachsener geht, die Kindheit als vorpolitischen Urzustand romantisieren.

Die für mich beim Lesen der vier Bücher letztlich entscheidenden Fragen stecken bereits in der Aussage meines fiktiven Kinds im eingangs zitierten Twitter-Meme: Welche Handlungen und welches Wissen trauen politische Kinder- und Jugendbücher ihren Leser:innen zu? Was ist das sinnvolle Maß zwischen Empowerment und Erschütterung? Zwischen der Vermittlung von Sicherheit, die es braucht, um in die Gesellschaft hineinzuwachsen und dem Wissen, der Wut, der Umsicht, die es braucht, sie zu verändern? Die hier behandelten Bücher beantworten diese Fragen auf ganz unterschiedliche Weise. Sie zeigen aber alle vier, dass die politische Wissens- und Erfahrungsweitergabe sich nie auf so etwas wie einfache oder überzeitliche Kernbotschaften reduzieren lässt, sondern immer an historische und gesellschaftliche Kontexte gebunden ist. Diese gilt es, früher oder später, zu erschließen.

Ich glaube, dass darin ein großes politisches Potential liegt. Denn Kinder- und Jugendbücher sind, stärker noch als Erwachsenenliteratur, eingebunden in die soziale Praxis des Vorlesens. Über diese entstehen im besten Fall Räume für weiterführenden Austausch und vielleicht sogar gemeinsames Lernen. Das eingangs aufgemachte Problem, dass auch dabei immer zuerst Erwachsene zu Kindern und Jugendlichen sprechen, lässt sich im Grundsatz zwar nur schwer auflösen. Die Frage ist aber darum vielleicht auch eher: Welche Impulse für Gespräche, Diskussionen und eigene Gedanken bieten politische Kinder- und Jugendbücher ihren Lesenden, Vorlesenden und Mitlesenden? Dass das Vorlesen und Diskutieren dabei nicht auf den Kreis der Kleinfamilie beschränkt bleiben muss, zeigt beispielsweise die US-amerikanische Netflix-Show „Bookmarks“: Celebrating Black Voices,  in der Schwarze Prominente Kinderbücher von Schwarzen Autor:innen vorlesen und die (wahrscheinlich nicht nur jungen) Zuschauer:innen zum Gespräch darüber einladen.

Als ich im Sommer auf Twitter nach Empfehlungen für politische Kinder- und Jugendbücher fragte, kam nicht nur ein ganzer Thread mit schönen Tipps zusammen. Es kommentierte auch ein User: „jugendbücher haha welcher jugendliche der kein alman ist liest noch Bücher“. Die ehrliche Antwort ist: Ich weiß es nicht. Aber sowohl die einschlägigen Mediennutzungsstudien als auch jüngste Verkaufszahlen aus der Pandemiezeit lassen darauf schließen, dass es noch eine ganze Menge sind. Die Themen, die sie behandeln mögen dabei nicht immer im engeren Sinn politisch sein – die Begegnungen und Gespräche, die sie anstiften, sind es aber in jedem Fall.

 

Als Anhang eine unvollständige Liste von Büchern, über die ich gerne noch geschrieben hätte:

 

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