Wir Lektomaniker – „Ubiquitäre Literatur“ von Holger Schulze

von Holger Schulze

 

Wir lesen immer. Überall. An beinahe jedem Ort ist etwas lesbar. Nicht erst durch die Allgegenwart von Text in den sozialen Medien und an anderen Orten des Internets sind wir zunehmend von Lesbarem umgeben. Daher kommt der neue Band der Reihe „Fröhliche Wissenschaft“ von Holger Schulze „Ubiquitäre Literatur. Eine Partikelpoetik„, der am 30. April 2020 beim Verlag Matthes & Seitz erscheint zu dem Schluss: „Ohne Unterlass bewegt sich diese Literatur durch unsere Hände, von Kurznachrichten zu Bewegtbildern, vom Wortwechsel zur Verkaufsbotschaft, vom Werbefilm zum Diagramm. Denn diese neuen Formen des Textens bestehen aus Partikeln, aus den atomisierten Spuren der Digitalisierung.“

Aus diesem Band veröffentlichen wir vorab das einleitende Kapitel.

Das Wahrnehmbare lesen

 

Wörter sind immer
in unserem Blickfeld,
auf Etiketten, Bücherregalen,
Dateien und so weiter.
Schriftliche Sprache
ist allgegenwärtig,
nahtlos integriert
in unsere Umgebung.[1]
(Anahid Kassabian)

 

Im Wald der Lektüre

Ich stehe im Wald: einem Wald der Lektüre. Um mich herum stehen Säulen, auf denen Worte, Zeichen, schräg angeschnittene und übereinandergelagerte Buchstaben angebracht sind. Ein Lesewald in Nordrhein-Westfalen. Denn Worte, wie Anahid Kassabian schreibt, sind stets „integriert in unsere Umgebung“. Lassen Sie uns durch diesen Wald

© Ferdinand Kriwet, Fotografie: © Carsten Gliese

schweifen. Schön saftig und weit bietet eine Lichtung sich uns dar, lädt ein zum Liegen und Kugeln, Hocken, Trinken, Rauchen und Spintisieren – wie das der Locus amoenus so will. Doch ehe wir uns versehen, stolpern wir und prallen gegen etwas, das gar nicht hierherzugehören scheint. Vor uns steht eine Reihe von Säulen, weißlich oder durchscheinend, auf denen Zeichen angebracht sind. Keine lesbaren Zeichen, die uns bekannt sind – eher Brüche von Zeichen, Halbzeichen, Schrägbuchstaben, Schieflettern. Das hindert uns nun jedoch keineswegs daran, sofort zu versuchen, diese Chiffrenschliffe entziffern zu wollen. Versuchen wir’s!

Diese Säulen sind keine Naturerzeugnisse, auch keine Beispiele unbedacht hervorgebrachter Laienkunst. Es sind Texte. Wir befinden uns im Jahr 2002 in Mönchengladbach. Die Säulen dieses Lesewalds sind Teil einer Arbeit im öffentlichen Raum des Autors und bildenden Künstlers, Radioautors und Dichters Ferdinand Kriwet. Kriwet betrat die Kunst- und Literaturgeschichte zuerst in den 1960er-Jahren mit konkreter Poesie wie ROTOR [2] oder durch die runse auf den redder  [3]. Später entstanden großflächige Rauminstallationen unter Verwendung imaginärer Logos und Schriftschnitte wie im obigen Beispiel – etwa Mitmedien [4] oder Yester’n’Today [5]. Seine Hörstücke der 1970er- und 1980er-Jahre, die er „Hörtexte“ nannte, erhielten etliche Preise und wurden Klassiker: OOS IS OOS (1968), ONE TWO TWO (1968), RADIOBALL (1975) und Dschubi Dubi (1977). Neben diesen Hörtexten veröffentlichte er Vortragstexte, Sprechtexte, Vorlesetexte, Lesestücke, Schrifttexte, Schreibtexte. Die Möglichkeiten des Lesens und Schreibens unterscheidet er – begrifflich streng – somit ganz nach ihren Funktionen, Aufführungssituationen und Schreibtechniken. Alles Lesen und Schreiben wird bei ihm Text – und alle seine Texte entspringen aus Lesen und Schreiben.

Eine charakteristische Begeisterung der 1960er-Jahre für den öffentlichen Text wirkt hier nach, in dieser endlosen Vielfalt von Textformen, Schreibtechniken, Leseformen und Arten der Textaneignung im Werk Kriwets. Diese Begeisterung für Werbeslogans, Zeitungsanzeigen und Schlagzeilen, Fernsehwerbung und Fernsehseriendialoge, Schlagertexte und Hitlisten entstand freilich nicht erst in jenem Jahrzehnt. Sie lässt sich lange zurückverfolgen, bis hin zu Georg Christoph Lichtenbergs faszinierten Notizen aus London vom Ende des 18. Jahrhunderts; ein Jahrhundert später dann bei den Symbolisten und Naturalisten – die Metropolen-, Nachrichten- und Publikationsekstase nimmt zu –; schließlich technophil verschärft bei Futuristen und Dadaisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts und bei den Spätavantgarden im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts: sei es bei den französischen Oulipo, bei William S. Burroughs oder FLUXUS-Komponisten, bei Happeningkünstlern der 1960er-Jahre. [6] Kriwet schließlich besingt diese veränderte Rezeption von Wort und Bild – so der Titel seiner Poetik – im Jahr 1965 wie folgt:

Sie wollen z. B. mit dem Autobus einen Bekannten besuchen; an der Haltestelle sehen Sie sich dem Fahrplan, einem Poem aus Zahlen und Ikonen, in Augenhöhe senkrecht gegenüber, während der Busfahrt blicken Sie Schilder („Mit dem Schaffner sprechen verboten!“, „Festen Halt suchen“, „Betätigung dieser Knöpfe nur durch den  Schaffner“ etc.) im Businneren an, derweil Reklametafeln, Neonschriften, Verkehrsschilder draußen für Sie an Häuserwänden, auf Bauzäunen, an Stangen und Masten posieren und Ihr Gegenüber liest vielleicht gerade die Zeitung, welche Ihnen ihre Rückseite zuwendet. [7]

 

Allgegenwartsliteratur

Text ist überall, Sprache ist überall. Abgebildet, notiert, in Verbindung mit Bildern, Ideogrammen, in Bewegung, animiert, abgefilmt, dargestellt und ablesbar. Unaufhörlich umgeschrieben, neu reingesendet als Untertitel, Kommentar und Anmerkung. Die Avantgarden und Spätavantgarden des 20. Jahrhunderts, zwischen Futurismus, Lettrismus und FLUXUS, dokumentierten die Wucht des sogenannten linguistic turn in jenen Jahren: Die Welt ist durch Sprache geformt und ohne das historisch und kulturell sich wandelnde menschliche Verständnis der Sprache zu verstehen, lässt sich auch die Welt nicht verstehen. Die Avantgarden ratifizierten die Kraft dieser faktisch zeichentheoretischen Erkenntnis – die das tägliche Leben durchdringt – auf eine material eindrückliche Weise: gerne befeuert von den je angezeigten Drogen, den Techniken zur Bewusstseinsveränderung oder -erweiterung und den Sexualentgrenzungen der Saison. Die Welt war ihnen nun vollständig lesbar, sprechbar, deutbar, vor allem aber auch beschreibbar und beschriftbar geworden. Die Omnipotenzfantasie der Sprach- und Textförmigkeit der Welt, der Handlungen, ja aller Dinge und Entitäten konnte künstlerisch und literarisch vorgeführt werden. Seit den Modernitätserfahrungen der ersten Metropolen – London, Paris, Rom, viel später New York, Berlin, schließlich Tokio, Hongkong, Schanghai – wurde eine Gleichzeitigkeit der Schriften und Statements, Ansagen und Zwischenrufe, des überhörten und der Fehllektüre, des Protokollierens, Rekombinierens und der einander neu interpretierenden Plakate nicht nur allgemein erfahrbar und diskutierbar, sondern zu einer identitätsstiftenden Erfahrung stilisiert: die Epiphanie des Ichs, das Textbruchstücke sammelt. Was zunächst künstlerisch vorgeführt wurde, in vielstimmigen Gedichten und arrangierten Bewusstseinsströmen, in Collagebildern und Textmontagen, Hitparaden und Produktlisten, in Zeitungsklebe- und -lesearbeiten, in der Aufzählung von Dingen, Situationen, Objekten und Gedanken, Autoren und Texten, Songs und Bands, Firmen- und Dragqueennamen, notiert in Sudelheften und Bumsbüchern, in Schmier- und Notizheften – all dies bestimmt mittlerweile, im 21. Jahrhundert, den breiten Strom, der durch alle Netzwerke und Nachrichtenkanäle fließt. Anfang der 1970er-Jahre jagte Rolf Dieter Brinkmann durch die Straßen von Köln und sprach in sein Aufnahmegerät, das ihm der WDR zur Verfügung gestellt hatte [8]:

Da gehe ich also jetzt an alten Läden vorbei. Ich gehe an alten Kleidern vorbei, an verblichenen Seidenstoffen. Ich gehe an Autolichtern vorbei. Die Autolichter tun meinen Augen weh. Die Pfützen, die Regenpfützen, die schmierigen Regenpfützen, die werden durch eine grüne Leon-…- richtreklame gefärbt. Sie werden durch weiße Neonlichter gefärbt. [9]

Denkempfindungen, Namen von Ladengeschäften, Aufschriften und Beobachtungen – instantan [10] aufgezeichnet, archiviert, umgeschrieben. Die Metropolenerfahrung bringt durch Kontingenz und Überlagerung eine andere Art zu schreiben hervor. Geschrieben wird an allen Orten, ganz dem Impuls hingegeben, der Umgebung und ihrer Zerstreuung, den kleinen Momenten und größeren Tollereien: ein dummes Schreiben [11] – im allerbesten Sinne:

Ich geh an – einem goldenen Schriftstück, das heißt: TRANSTÜRK HOLDING AG ALMANYA (KÖLN) BÜROSU. Das auf einem, das auf einer gläsernen Wand gedruckt ist, vorbei. Alles Büros. Alles Neonlicht-richtreklamen. Alles Kellner, die Pommes Frites-Büros, Pommes Frites, Büros, hehehe, haha, haha, ha. Pommes, „pom-mes“: Erde, „frites“: gebratene Erde! Gebratene-Erde-Büros! Kellner, die an Gebratene Erde-Büros entlang flitzen und die gebratenen Erde-Büros wiederum – puuuhh-tschschsche … Ist das ein kalter Wind! [12]

Die Konsistenz eines literarischen Werkes wird also zum Ende des 20. Jahrhunderts literatur- und kunstgeschichtlich noch weiter abgebaut: Das Werk ist nicht mehr nur offen, unfertig oder in progress – schlichtweg jedes Partikel wird als werkhaft gelesen und in sich selbst als abgeschlossen geformt begriffen. Umherschwirrende Partikel lassen das Unfertige und Skizzenhafte, das Kombinatorische und Materialhafte, das Hingeworfene und Improvisierte, die vermeintlich makellose Werk- und Formgestalt von innen heraus aufbrechen:

Ein Stereo-Gerät. Eine elektrische Ölheizung. Einige Bücher. Nein, an Literatur bin ich nicht mehr so wild interessiert. [13]

Meisterschaft und Abschluss wurden immer weiter verworfen, neu stilisiert, immer weiter aufgelöst und abgebaut. Im Abbau der Meisterschaft und der Kontrolle über das Werk wurde nun eine Meisterschaft zweiter Ordnung gefordert: Ein Werk sollte nicht mehr einen Zustand außerhalb des Alltäglichen repräsentieren. Die Arbeit musste vielmehr unausdenklich eng an die Alltagserfahrung, das gewöhnliche, wenig bemerkenswerte Erleben angenähert werden. Dieses Schreiben wurde nun allgegenwärtig. Die Menge des Geschriebenen und des Gelesenen wächst seither ins Maßlose. Manuskripte, Notizen und Materialien, Formulierungen, Worte, Schriftideen, Zeitungsausrisse, rauskopierte Netzfundstücke, Sprachpartikel wuchern zu gargantuesken Korpora. In den späten 1970er-Jahren schreibt William S. Burroughs:

Einiges von diesem Material verwende ich und anderes nicht. Ich habe hier buchstäblich Tausende von Seiten mit Notizen, roh, und ich führe auch ein Tagebuch. [14]

Wir Lektomaniker

Texte sind überall, wir lesen überall. Wir sind Lektomaniker: Manisch getriebene Leserinnen und Leser. Gebratene-Erde-Büros. Noch findet sich diese Diagnose nicht im neuesten Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Sie kann zu überraschenden Zwickmühlen führen:

Leute mit Text-Tattoos stellen mich vor harte Herausforderungen. Einerseits sind mir Respekt, nicht anstarren, persönliche Grenzen super wichtig. Andererseits ist da dieser Zwang, jedes verdammte Wort vor Augen zu lesen. [15]

Unaufhörlich lesen wir – und zwar nicht nur metaphorisch. Die gesamte Welt ist nun gepflastert mit mehreren Schichten aus Texten und Zeichen, Monologen und Nachrichten. Wir lesen wirklich die gesamte Welt um uns herum. Eine bewegliche, eine umtriebige Lektüre, allerorten. Freilich ist das noch lange nicht genug: Alle Texte auf Körpern und Fahrzeugen, Gebäuden und Möbeln, auf Tieren und Pflanzen nehmen wir gerne hinzu. Gebratene-Erde-Büros. Wir sind Lektomaniker, es ist ansteckend, wir werden nie wieder aufhören: „Graffiti is the Twitter of the streets.“ [16]

Ferdinand Kriwet, mit dessen Lesewald diese Einleitung begann, war zweifellos solch ein Lektomaniker. Gebratene-Erde-Büros. In einer Fernsehsendung formulierte er 1971 die Poetik seines Schreibens dann auch, während er im Fernsehstudio umherging, in dem einige seiner Arbeiten ausgestellt waren. Herumgehend, zeichnend, ausrichtend, abreißend formulierte er wie nebenhin seine Poetik der allgegenwärtigen Schrifthandlung und Schriftwahrnehmung:

Ich verstehe unter Schrift, beziehungsweise unter den Ergebnissen, die man mit Schrift machen kann – also Literatur –, alle Möglichkeiten der optischen Information. […] es gibt einen Satz von einem Kollegen von mir – Franz Mon – der besagt: Es gibt nichts Wahrnehmbares, was nicht auch lesbar wäre. [17]

Exaltiert und extremistisch mag diese Poetik damals erschienen sein. Offenbar brauchte es überambitionierte, weiße, männliche und junge Künstlerpersönlichkeiten, um dafür zu werben. Es ist nun der Alltag. Lesen im Netz findet allerorten statt, die geliebte „Transsubstantiation von graphischen Zeichen in Laute, Worte, propositionale Gehalte, Bedeutung und Sinn“ [18]. Die Literatur ist damit nun allerorten. Sie ist ubiquitär.

Dieser Band untersucht die ubiquitäre Literatur in zwei Teilen. Im ersten Teil, der Partikelpoetik, werden die Beweisstücke zusammengesucht, die belegen, wie die Schriftkultur unserer Gegenwart tatsächlich eine ubiquitäre Leseschreiblesekultur geworden ist: Eine Dichtkunst der Partikel. Der atomisierte Text, eine Art Partikelsuppe ohne Plot, veränderte die Lektüre zu Beginn des 21. Jahrhunderts und wird darum im ersten Kapitel verwundert bestaunt und betastet. Ein Zustand der publizistischen und ästhetischen Dynamisierung der Partikel lässt sich hier beobachten, dessen wichtigste Konsequenz das zweite Kapitel im Titel trägt: Kleine Formen koppeln gern. Der Kontext tanzt also – so auch der Titel des dritten Kapitels – um poetisch komplex geformte Texte herum, denn „Hermeneutik ist heilbar“ (Christiane Frohmann) und erzeugt erst die vielfältigen Spielformen der zeitgenössischen Memblematik, der Lust an den Missverständnissen und den medialen Springprozessionen. Dies alles bringt – wie die Überschrift des vierten Kapitels verheißt – die Partikel in Poiesis durch Kalauer-Kombinatorik, klebrige Texte, im Flow einer Textpersona und ihrer sardonischen Heuristik.

Der zweite Teil, über die ubiquitäre Literatur, beschreibt einzelne Situationen des allgegenwärtigen Leseschreiblesens: Eine Literaturtheorie des Ubiquitären. Im fünften Kapitel wird zunächst das zerstreute Ich gelobt, da es viele Unbekannte mitschreiben lässt und ein Fließgleichgewicht der Einflussnahmen ermöglicht. Es gilt somit: Dummheit schreibt, im sechsten Kapitel, ohne eine Idee, sondern aufgrund von Kohäsionskräften – und erzeugt just dadurch beeindruckende Genauigkeit, Anschaulichkeit und Haltbarkeit (in den Worten Italo Calvinos). Ist es nicht eine „Euphorie im Alltag“ (Katja Kullmann) und des „Instantanen“ (Christiane Frohmann), so frage ich mich im siebten Kapitel, die diese Instagrammatologie hervorbringt? Es entstehen schließlich Situationstexte, ein Bedürfnisse artikulierendes Mitschreiben an der Umgebung, das purer Genuss ist für Lektomaniker wie uns – und das im achten und letzten Kapitel dieses Buches mit einem neuen Ehrentitel bedacht wird: Ambient Writing.

Der Begriff der ubiquitären Literatur verdankt sich den Sound Studies: der Erkundung von Klangpraktiken und Klangtechnologien in Geschichte und Gegenwart. Klänge begleiten uns schon länger unaufhörlich. Es ist kaum ein Jahrzehnt her, dass Anahid Kassabian die Begriffe der „ubiquitous music“ [19] und des „ubiquitous listening“ [20] dafür einführte. Kulturpessimistische Erkenntnisverweigerung und störrisches Beharren auf Hörertypologien und Audiopietismen ließen sie hinter sich. Musik wird gegenwärtig vor allem als ubiquitäre Musik gehört, eine kulturprägende Form des Genusses, wie Anahid Kassabian schreibt:

Es gibt nur sehr wenige Arten von Musik, die nicht als ubiquitäre Musik gehört werden – tatsächlich werden die meisten nur auf diese Weise gehört. Von klassischer Musik in Restaurants und im Auto bis hin zu Techno in Clubs und auf Webseiten, die Wohneigentum bewerben, entgeht diesem Schicksal wohl kaum eine Musik. [21]

Das Lesen und Schreiben der flugs zirkulierenden Texte vollzieht sich nach diesem Vorbild des ubiquitären Hörens von Musik. Gebratene-Erde-Büros. Durch die Weisen des Hörens lassen sich auch die Weisen des Lesens besser begreifen. Literaturforschung profitiert von Klangforschung. Es gibt nichts Wahrnehmbares, was nicht auch lesbar wäre. Begleiten Sie mich in die zirkulierende Süße und Klebrigkeit der Lettern und der Worte, der Typografien:

TYPE IS HONEY. [22]

© 2020 MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH

 

Kurzbio: Holger Schulze, 1970 in Baden-Baden geboren, ist Professor für Musikwissenschaft an der Universität  Kopenhagen und leitet dort das Sound Studies Lab. Seine Arbeiten zur Klang- und Medienkultur erschienen  zuletzt bei Matthes & Seitz Berlin, MIT Press und  Bloomsbury Academic. http://www.soundstudieslab.org

 

Anmerkungen:

1 »words are almost always in our field of vision, on labels, bookshelves, files, and so on. Written language is ubiquitous, seemlessly integrated into our environments.« Kassabian, Ubiquitous Listening: Affect, Attention, and Distributed Subjectivity, Berkeley 2013, S. 32 (Übersetzung: H. S.).

2 Ferdinand Kriwet, Rotor, Köln 1961.

3 Ferdinand Kriwet, durch die runse auf den redder, Berlin 1965.

4 Württembergischer Kunstverein Stuttgart 1975.

5 Kunsthalle Düsseldorf 2011.

6 Holger Schulze, Das aleatorische Spiel. Die Entdeckung und Anwendung der nichtintentionalen Werkgenese im 20. Jahrhundert, München 2000, S. 179–262.

7 Ferdinand Kriwet, »Zur veränderten Rezeption von Wort und Bild«, in: ders., Leserattenfänge – Sehtextkommentare, Köln 1965, S. 14 f.

8 Rolf Dieter Brinkmann, Wörter Sex Schnitt. Originaltonaufnahmen 1973, München 2005 (Transkription: H. S.).

9 Brinkmann, Wörter Sex Schnitt, CD 3, Track 4 (Transkription: H. S.).

10 Christiane Frohmann, »Instantanes Schreiben«, in: Orbanism, 29. Mai 2015, online: {https://orbanism.com/frohmann/2015/instantanes-schreiben-christiane-frohmann-literaturinstitut-leipzig-20150529/}.

11 Kenneth Goldsmith, »being dumb«, in: The Awl, 23. Juli 2013, online: {http://www.theawl.com/2013/07/being-dumb}.

12 Brinkmann, Wörter Sex Schnitt, CD 3, Track 4 (Transkription: H. S.).

13 Brinkmann, Wörter Sex Schnitt, CD 1, Track 1 (Transkription: H. S.).

14 »Some of this material I use and some I don’t. I have literally thousands of pages of notes here, raw, and I keep a diary as well.« William S. Burroughs, Brian Gysin, The Third Mind, New York 1978, S. 5 (Übersetzung: H. S.).

15 Ute Weber, 13.08.2018, {https://twitter.com/UteWeber/status/1028982252179529729}.

16 Stephen King, 18.04.2018, {https://twitter.com/stephenking/status/986643494499438592}.

17 Ferdinand Kriwet, »Live«, in: Farbe bekennen. Auseinandersetzung mit der Kunst der Gegenwart – Ferdinand Kriwet, WDR 1970, ausgestrahlt am 14.5.1971 (Transkription: H. S.).

18 Simon Aeberhard, »Fehllesen«, in: Rolf Parr, Alexander Honold (Hg.), Grundthemen der Literaturwissenschaft , Berlin 2018, S. 177.

19 Anahid Kassabian, »Ubiquitous Musics: Technology, Listening, and Subjectivity«, in: Andy Bennett, Steve Waksman (Hg.), The SAGE Handbook of Popular Music, London 2015, S. 549–562.

20 Kassabian, Ubiquitous Listening.

21 Ebd., S. 109, »There are very few kinds of music that are not listened to as ubiquitous music, and in fact listened to frequently in that way. From classical music in restaurants and cars to techno in clubs and on condo websites, very little music escapes this fate.« (Übersetzung: H. S.).

22 Ferdinand Kriwet, »Type Is Honey – Rundscheibe VI (1962)«, in: Emmett Willams (Hg.), An anthology of concrete poetry, New York/Villefranche/Frankfurt a. M. 1967, »Kriwet, Ferdinand«.

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