Autor: Gerrit Wustmann

Das Schrecklichste, das uns widerfahren ist – Ein Nachruf auf Peter Straub (1943 – 2022)

von Gerrit Wustmann

Wo beginnt man einen Nachruf auf Peter Straub? Auf einen Autor, der zu den großen Schwergewichten der amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts zählte und der doch in Deutschland heute fast unbekannt ist – obwohl die meisten seiner Bücher auf Deutsch vorliegen? Vielleicht bei seinem Auftritt in der Brooklyn Public Library am 6. Februar 2016 anlässlich der Veröffentlichung von „Interior Darkness. Selected Stories“. Da sagte er: „Eigentlich hatte ich geplant, einen Band mit meiner kompletten Kurzprosa zu machen, aber das wären zwei Bände geworden, ein Grabstein, und ich bin noch nicht im Grabstein-Stadium.“

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Dieser ‚Grabstein‘, „The Complete Short Fiction of Peter Straub“, sollte als limitierte und signierte Prachtausgabe (nebst günstigem E-Book) allerdings schon fünf Jahre später erscheinen, nachdem Straub monatelang schwer krank gewesen war und selbst seine Familie jeden Tag mit seinem Tod gerechnet hatte.

Wo beginnt man einen Nachruf auf Peter Straub? Vielleicht hier: Während er im Herbst und Winter 2020 fast vier Monate lang im Krankenhaus lag, die ersten auf der Intensivstation, schrieb seine Tochter, die Buchhändlerin und Autorin Emma Straub, ihren Roman „This Time Tomorrow“, und der todkranke Vater der Protagonistin ist klar als Peter Straub zu erkennen. Als sie ihm die Rohfassung des Manuskripts gab, fragte er nur: „Auf welcher Seite sterbe ich?“ Und es wäre ein Fehler, diese Frage fatalistisch zu verstehen. Er hat sie, das steht außer Zweifel, mit verschmitztem Lächeln und augenzwinkernd gestellt. Er las das Buch immer wieder. Er liebte es.

Wo beginnt man einen Nachruf auf Peter Straub? Vielleicht hier, bei den ersten Sätzen seines Romans „Ghost Story“ (1979), dem Buch, das seinen jahrzehntelangen Erfolg begründete und das heute ein moderner Klassiker ist, der in keiner gut sortierten Bibliothek fehlen darf: „Was ist das Schrecklichste, das du je getan hast? Das werde ich dir nicht sagen, aber ich werde dir vom Schrecklichsten erzählen, das mir je widerfahren ist … vom Allerschrecklichsten …“

Diese zwei Sätze sind ein Leitmotiv in Straubs Werk. Menschen, die einander schreckliche Dinge antun und Menschen, denen Schreckliches angetan wird, und die das Schreckliche prägt und bestimmt und verfolgt bis an ihr Lebensende. Da trifft sich regelmäßig eine Gruppe älterer Herren und erzählt einander Geistergeschichten, doch eigentlich ist der Anlass ihrer Treffen unausgesprochen: Jene Nacht vor Jahrzehnten, als in ihrer Anwesenheit eine junge Frau zu Tode kam. Als der erste aus der Gruppe stirbt, wird ihnen klar, dass sie sich dem, was sie getan haben, stellen müssen.

Peter Straub, geboren 1943 in Milwaukee als Sohn eines Handelsvertreters und einer Krankenschwester, hatte eine Kindheit, an der er hätte zerbrechen können, hätte er nicht mit etwa sieben Jahren angefangen, zu schreiben. Sein siebtes Lebensjahr verbrachte er, nachdem ihn ein Auto frontal erwischt hatte, zwischen Krankenbett, Rollstuhl und Reha. Er musste das Laufen neu erlernen und das Sprechen, und selbst im hohen Alter kam manchmal noch das Stottern durch – ein Überbleibsel des ersten Kindheitstraumas. Was er hingegen tun konnte: Lesen. Er verschlang ein Buch nach dem anderen, sog Prosa und Lyrik in sich auf und verliebte sich in den Jazz, den er bis zum Ende beim Schreiben hörte. „Es dauerte lange, bis mir das klar wurde, aber natürlich verdunkelte diese Erfahrung meinen Blick auf das Leben“, sagte er in einem Interview mit Salon. „Ich war wesentlich empfänglicher für Angst, als ein Kind sein sollte. Ich war weniger Kind als zuvor.“

Das zweite Trauma folgte wenige Jahre später: Eine Missbrauchserfahrung durch einen erwachsenen Mann in einem dunklen Kino. Das Schreckliche, das Allerschrecklichste, das ihm je widerfahren ist, verarbeitete Straub mehrfach in seinen Romanen und Novellen, dichtete es seinem literarischen Alter Ego Tim Underhill an in der von 1988 bis 1993 entstandenen Blaue Rose-Trilogie, einem komplexen und düsteren Romanwerk über Traumata, Verbrechen und dysfunktionale Oberschichtfamilien, in dem dieses Kino eine zentrale rolle spielt.  Am Ende des dritten Bandes, „The Throat“ (1993), hat man das Gefühl, dass ihm, dem Autor selbst, endlich der Befreiungsschlag von seiner eigenen verfluchten Vergangenheit gelungen ist. (Aber, das sei angemerkt, man muss all das nicht wissen, um die ganze literarische Wucht dieser Bücher und der vier mit ihnen verwobenen Novellen zu erfahren.)

Vor diesem Hintergrund mag es jene, die mit seiner Arbeit noch nicht vertraut sind, überraschen, wie humorvoll Straub immer auch war. Als Mensch und als Autor. Als die Nachricht seines Todes sich im September herumsprach, bekundeten weite Teile der US-Literaturszene in den sozialen Medien ihre Trauer, Bestürzung, Anteilnahme – und teilten ihre Erinnerungen an einen warmherzigen, witzigen und nahbaren Menschen, der stets für andere gesorgt hat, der jungen Autor*innen half, wo er nur konnte, und der sowohl im wahren Leben als auch bereits in den Neunzigern im Netz einen offenen Austausch mit seinen Leser*innen pflegte.

 Was ihn motivierte, hat er manches mal angedeutet: Ein anderer Mensch als sein eigener Vater zu sein, den er als unberechenbar erlebte. Vielleicht war das sein drittes Kindheitstrauma. In fast jedem seiner Bücher gibt es eine autoritäre, unempathische Vaterfigur, in manchen ist diese Figur der Nukleus des Verderbens, das Fundament der Geschichte. In einem Essay über seine Eltern, erschienen in „Sides. Collected Nonfiction“ (2007), schrieb Straub: „Lange nachdem ich meinen Platz in der Welt gefunden hatte, besuchte mich mein Vater in New York. Er saß in meinem Wohnzimmer, wo er von Gemälden umgeben war, und sagte: ‚Weißt du, ich hasse Kunst. Ich weiß nicht wieso, ich hasse sie einfach.‘ Nun, ich weiß, wieso: Weil er nichts von Kunst verstand, fühlte er sich in ihrer Gegenwart klein.“ Schriftsteller zu werden, das musste sich Straub in jungen Jahren hart erkämpfen, gegen die Widerstände seines Vaters, der die literarischen Ambitionen seines Sohnes für Unsinn hielt, während seine Mutter ihn unterstützte.

Straub machte 1965 seinen Master in Englischer Literatur in New York, heiratete 1966, zurück in Milwaukee, seine Jugendliebe Susan Bitker, und unterrichtete für einige Jahre Englisch. Doch längst war ihm Milwaukee zu eng geworden, die Nähe zu den vergangenen Schrecken und zu seinem Elternhaus machte ihm zu schaffen. In seinen Büchern taucht Milwaukee mehrfach unter anderen Namen aber stets leicht identifizierbar auf, und es verwundert kaum, dass die Stadt nie einen Drang verspürte, Straub zum Aushängeschild zu machen. Wenn Milwaukee wirklich so ist, wie in seinen Büchern, dann kann man es niemandem verübeln, es in großem Bogen zu umfahren. 1969 zog das Paar nach Dublin, zwei Jahre später nach London. Straub begann eine Dissertation über D.H. Lawrence, die er nie fertigstellte und publizierte in kleinen Verlagen zwei Lyrikbände, die heute teure Sammlerstücke sind; 1983 publizierte der Kleinverlag Underwood-Miller die gesammelten Gedichte unter dem Titel „Leeson Park & Belsize Square“. Das waren die beiden Adressen, an denen Straub in Dublin und London lebte und wo er die meisten der Verse verfasste.

Im Sommer 1972 schrieb er wie im Rausch binnen weniger Monate seinen ersten Roman „Marriages“, schickte ihn auf gut Glück an Coward-McCann und konnte selbst nicht so recht fassen, dass er nur wenig später auf Anhieb eine Zusage erhielt, Publikation bereits im Frühjahr 1973. Es ist, man darf das so offen sagen und Straub hat dem nie widersprochen, ein schwaches Buch, ohne Konzept und erzählerische Linie, ohne Haltung. Es geht um oberflächliche Oberschichentpaare, die einander auf einer Europareise hintergehen und betrügen. Dass Straub beim Schreiben Saul Bellow, Philip Roth und Co. im Hinterkopf hatte, ist allzu offensichtlich. 

Etwas anderes macht den Reiz dieses Buches aus: Die Sprache. Hier betritt ein junger, Autor die Bühne, der zwar noch auf der Suche nach seiner literarischen Stimme ist, der aber bereits ein sehr feines Gespür für das beweist, was Sprache in ihrem Innersten ausmacht. Ein Autor, der die Prosa mit der Sensibilität eines Dichters behandelt. (Und das ist der beste Grund, ihn im Original zu lesen, denn die Qualität der deutschen Übersetzungen ist, um es zurückhaltend auszudrücken, inkonsistent.) 

Der zweite Roman, „Under Venus“, war ausgefeilter, wurde vom Verlag aber dennoch abgelehnt, auch weil der Erstling sich kaum verkaufte. Es war seine Frau, die ihm die Pistole auf die Brust setzte: „Entweder, du schreibst jetzt etwas, wovon wir leben können, oder du suchst dir einen Job“, sagte sie eines Abends zu ihm. Also schrieb er. Das Ergebnis erschien 1975 unter dem Titel „Julia“, und die Geschichte um eine geschiedene Frau in London, die glaubt, vom Geist ihrer toten Tochter heimgesucht zu werden, schlug im Umfeld von William Peter Blattys „Exorzist“, Ira Levins „Rosemarys Baby“ und Stephen Kings „Carrie“ ein, wurde zum Bestseller und kurz darauf mit Mia Farrow in der Hauptrolle verfilmt. Peter Straub musste nicht erst auf die Fertigstellung von „Ghost Story“ warten – den Stempel ‚Horror-Autor‘ bekam er sofort aufgedrückt Und er haderte lange damit, ebenso wie mit dem Drang der Verlagsindustrie, Autor*innen in Schubladen zu stecken und sie dort nicht mehr herauszulassen aus Angst vor sinkenden Verkaufszahlen, wenn man den Stempel ändern muss.

In gewisser Weise reagierte Straub darauf mit seinem Roman „Floating Dragon“ (1983). Sein Anliegen sei es gewesen, sagte er damals in einem Interview, sämtliche Motive des Genres in einen Topf zu werfen, das ganze in die Luft zu jagen, um zu sehen, was dabei herauskommt. Und so ist „Floating Dragon“ nebst ausschweifenden und weitestgehend autobiografischen Kapiteln über die Nachbarschaft der Straubs in Connecticut, die ihnen nach zehn Jahren in Europa wie ein Kulturschock schien, eine irre, Kapriolen schlagende und trotz ihrer Überlänge herrlich unterhaltsame Satire – was die Kritik beglückte, beim Horror-Publikum hingegen gar nicht gut ankam, aber das war nicht weiter schlimm, denn nun wurde Straub auch von jenen Leser*innen entdeckt, die sich für das Phantastische sonst kaum interessieren. 

Und auch dieses Publikum entdeckte in der Folge die alten Herren in „Ghost Story“, deren Namen Lewis, James, Hawthorne bezeichnend sind; hier begann Straubs Vorliebe, Geschichten in Geschichten zu verschachteln, eine davon eine Hommage an „Turn Of The Screw“, und das ist nur der offensichtlichste von den vielen literarischen Verweisen, die sich in dem verstecken, was die kleine Runde sich am Kamin erzählt, während sie vom Allerschrecklichsten, das sie als junge Männer getan haben, eingeholt werden. In „Shadowland“ (1980) erzählt Straub seine Geschichte gleich zweimal: Im ersten Teil als finstere Episode über Mobbing und Autorität an einer katholischen Jungenschule (der die Schule aus Straubs Kindheit als Vorbild diente), im zweiten als ein verzweigtes Labyrinth aus Märchen, die sich immer tiefer verweben und verheddern, bis die Leser*innen darin genauso verirrt und ausweglos gefangen sind wie die Protagonisten. 

Im Vorwort zur Novelle „The General’s Wife“ (1982), einer Hommage an Carlos Fuentes‘ „Aura“, erzählt Straub, wie er sich mit Fuentes über dieses Genre-Problem austauschte. Fuentes war verwundert über die Berührungsängste mit dem Phantastischen, dem unbedingten Hang zum Realismus in der amerikanischen Literatur, und der Neigung, alles Phantastische als trivial abzustempeln, gehört es doch in der lateinamerikanischen Literatur  fast unumgänglich zu jedem Erzählen dazu – nur wird dem dann von außen das Label ‚Magischer Realismus‘ aufgedrückt, worüber viele lateinamerikanische Autor*innen alles andere als glücklich sind.

Je erfolgreicher und literarisch selbstsicherer Straub wurde, desto weniger kümmerte er sich um diese Schubladen oder um die von den Verlagen gewünschten Genrekonventionen. Immer wieder nahm er das auch aus der Perspektive des fiktiven, exzentrischen Literaturprofessors Putney Tyson Ridge aufs Korn, unter dessen Namen Straub witzig-schnodderige Verrisse zu seinen eigenen Büchern schrieb (gesammelt in „Sides“).  Ein Weggefährte sagte einmal, wenn Straub nicht rechtzeitig aus dem Unibetrieb abgehauen wäre, wäre er wahrscheinlich so geworden wie dieser Putney Tyson Ridge.

In den folgenden fast zwanzig Jahren, während derer auch der Umzug in ein fünfstöckiges, bis unters Dach mit Büchern und Jazzplatten vollgestopftes Brownstone in New York anstand, verabschiedete sich Straub fast gänzlich von phantastischen Elementen. Er schrieb mit der Blaue Rose-Trilogie („Koko“, „Mystery“, „The Throat“) sein Hauptwerk, das bis heute weit aus seinen Büchern herausragt; er machte mit schrägen Novellen wie „The Buffalo Hunter“ und der Aickman-Hommage „Mrs. God“ Ausflüge in die Weird Fiction und verfasste mit „Mr. Clubb and Mr. Cuff“ eine so schwarzhumorige und verstörende Bartleby-Variante. In den Titeln seiner späteren Werke spielte er mit Zitaten von Emily Dickinson und John Ashberry. Auf Literaturpreise, insbesondere Genrepreise wie den Bram Stoker Award und den World Fantasy Award hatte er da längst ein Abo. Dazwischen gab er mehrere Anthologien heraus. Für die Library Of America kompilierte er eine Lovecraft-Sammlung und einen zweibändigen Kanon der „American Fantastic Tales“ aus den letzten zweihundert Jahren, 2009 erschien die Sammlung „Poe’s Children“, in der er eindrucksvoll zeigt, auf welch hohem literarischen Niveau sich die dunkle Phantastik heute bewegt, wenn man weiß, wo man suchen muss.

Und dann sind da noch die beiden Bücher, die Straub mit seinem engen Freund Stephen King gemeinsam schrieb, „The Talisman“ (1984) und „Black House“ (2001), das erste eine Hommage an Mark Twain, das zweite an Charles Dickens. Sie sind die einzigen Bücher, die in Deutschland heute noch einem größeren Publikum ein Begriff und lieferbar sind (und bedauerlicherweise sieht der Heyne Verlag auf Nachfrage keinen Anlass für Neuauflagen der anderen Bücher, vermeldet Straubs Tod stattdessen lakonisch mit zwei Absätzen mit inhaltlichen Fehlern und einem vierzig Jahre alten Foto, was viel erzählt über die Haltung der Publikumsverlage gegenüber ihren Autoren, wenn sie gerade kein Geld in die Kasse spülen). Und das obwohl sie im Kontext von Straubs Gesamtwerk sicher die unwichtigsten sind. Zumal beide Bücher auf Ideen von King basieren und größtenteils wohl aus dessen Feder stammen, wenn auch Straubs Einflüsse stellenweise gut sichtbar sind. King, der notorische Schnell- und Vielschreiber, und Straub, der sich mit den Jahren immer mehr Zeit ließ, mitunter wochenlang an einzelnen Sätzen feilte, sich mit nichts mehr zufrieden gab, was ihm sprachlich nicht absolut perfekt erschien, das war zuletzt keine gute Mischung mehr, und so wurden auch die Pläne für eine dritte Zusammenarbeit zu den Akten gelegt. 

Mit dem Roman „A Dark Matter“ (2010) setzte Straub noch einmal zum großen Wurf an. Im Zentrum steht ein Mord in den Sechzigern und mysteriöse Ereignisse rund um einen Sektenführer; das Buch erzählt das, was damals geschah oder nicht geschah wieder und wieder aus unterschiedlichen Perspektiven, und all das Schreckliche taucht wieder auf, die Vergangenheit als Nemesis. Mit diesem Text gelingt auch ein guter Einblick in Straubs Arbeitsweise. Stets hat er mehrere Fassungen seiner Bücher geschrieben, und unter dem Titel „The Skylark“ hat er im Kleinverlag Subterranean Press parallel eine frühere, wildere und deutlich längere Fassung des Romans zeitgleich veröffentlicht – für die man inzwischen allerdings tief in die Tasche greifen muss, denn es existieren nur fünfhundert signierte Exemplare.

Ein letzter Roman hätte noch kommen sollen. Seit etwa 2010 hat Peter Straub an „Hello Jack“ gearbeitet, der, soviel hat er durchblicken lassen, an „A Dark Matter“ anknüpft. Die Protagonisten sind Henry James und Jack The Ripper. Das Manuskript, sagte er 2021, habe weit über 600 Seiten und nähere sich der Fertigstellung, aber abschließen konnte er es nicht mehr. Nachdem er sich von seiner schweren Herzerkrankung Ende 2020 erholt hatte und guter Dinge war, starb er am 4. September 2022 im Alter von 79 Jahren an Komplikationen infolge eines Hüftbruchs. 

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Das Leben in Zeiten der Willkür. Ahmet Altans Roman „Hayat heißt Leben“

von Gerrit Wustmann

„Ich schreibe diese Zeilen in einer Gefängniszelle. Aber ich bin nicht gefangen. Ich bin Schriftsteller. Ich bin weder dort, wo ich bin, noch dort, wo ich nicht bin. Ihr könnt mich ins Gefängnis stecken, doch ihr könnt mich dort nicht festhalten. Weil ich die Zaubermacht besitze, die allen Schriftstellern eigen ist. Ich kann mühelos durch Wände gehen.“

Diese Passage schrieb Ahmet Altan in einem der zahlreichen Briefe und Essays während seiner Haft in Silivri. Fast fünf Jahre wurde er dort als politischer Häftling festgehalten. Ein Teil der Texte erschien 2018 unter dem Titel „Ich werde die Welt nie wiedersehen“ in mehreren Ländern – nicht aber in der Türkei.

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Es regnet Gürtel! Die Kurzgeschichten von Sine Ergün

von Gerrit Wustmann

Wenn ein Buch den Literaturpreis der Europäischen Union erhält, sollte man annehmen, dass seine Übersetzung ins Deutsche eine Selbstverständlichkeit ist. Aber so manche Annahme erweist sich rasch als Irrtum. Ganze sechs Jahre dauerte es im Fall von Sine Ergüns Kurzgeschichtensammlung „Solche wie Sie“, die nun, übertragen von Sebile Yapıcı, im Berliner Dağyeli Verlag vorliegt – und auch das wohl nur, weil es dem kleinen, auf türkische und zentralasiatische Literaturen spezialisierten Verlag gelang, Fördermittel einzuwerben.

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Das Sinnen der Zypresse: Neue persische Lyrik

von Gerrit Wustmann

In einem normalen Buchhandelsjahr muss man nach deutschen Übersetzungen persischer Literatur mit der Lupe suchen. Meist findet man dann ein, zwei, mit Glück sogar drei Bücher in Kleinverlagen. Manchmal auch kein einziges. 2021 hingegen war ein Jahr, das rot im Kalender markiert werden muss, tiefrot: Zehn neue Bücher sind erschienen! Und was das Ganze noch besser macht: Sie sind allesamt höchst lesenswert. Die neue Kurzgeschichtensammlung „An den Regen“ der iranischen Bestsellerautorin Fariba Vafi; die Gedichte von Garous Abdolmalekian; die von Ali Abdollahi und Kurt Scharf herausgegebene Anthologie „Ein Dieb im Dunkeln starrt auf ein Gemälde“, die erstmals überhaupt das lyrische Schaffen in persischer Sprache im 21. Jahrhundert auf Deutsch zugänglich macht, und einige mehr.

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In ein anderes Leben -Fariba Vafis „Die Reise im Zug“

Von Gerrit Wustmann

Um Erinnerung, die Schwierigkeiten mit der Familie, die man sich nicht aussuchen kann, um Dazugehören und Nichtdazugehören und um ein Leben, das sich immer irgendwie zwischen zwei Stationen befindet, nie wirklich ankommt – darum geht es  in Fariba Vafis Erzählung „Die Reise im Zug“ ( aus dem Persischen übersetzt von Nuschin Mameghanian-Prenzlow), die dieser Tage im kleinen Berliner Bülbül Verlag erscheint.

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„Ein Schriftsteller ist seinem Gewissen verpflichtet“ – Über die Anklage gegen den kurdischen Autor Yavuz Ekinci

von Gerrit Wustmann

Ende August erhielt der Istanbuler Schriftsteller Yavuz Ekinci die Art von Post, die in der Türkei seit Jahren hunderte Menschen täglich erhalten: Eine Anklageschrift nebst erstem Gerichtstermin, für Ekinci am 9. September. Siebeneinhalb Jahre Haft fordert die Staatsanwaltschaft. Der Grund: Tweets von 2014, in denen Ekinci Solidarität mit den in Syrien gegen die IS-Terroristen kämpfenden Kurden signalisierte. Illegal ist an diesen Tweets freilich nichts, aber das spielt für die Willkürjustiz des Erdoğan-Regimes keine Rolle.

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Schreiben gegen das Trauma – In Haft in der Türkei

von Gerrit Wustmann

Fast ein Jahr lang saß der Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci in der Türkei in Haft – er war eines von zehntausenden Opfern der Willkürjustiz. Nun hat er darüber ein Buch geschrieben. Gerrit Wustmann hat mit ihm gesprochen.

Aslı Erdoğan. Doğan Akhanlı. Can Dündar. Ahmet Altan. Deniz Yücel. Sie alle und unzählige andere haben eines gemeinsam: Sie wurden Opfer der Macht- und Willkürpolitik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Sie wurden und werden mit hanebüchenen Anklagen zum Teil bis ins Exil verfolgt, nachdem sie monate- oder jahrelang in der Türkei in Haft waren. Weil sie kritische Texte geschrieben haben, weil sie keinen Hehl aus ihrer oppositionellen Haltung machten oder auch einfach weil sie zum falschen Moment am falschen Ort waren.

Dass sie heute frei sind, liegt nicht zuletzt daran, dass sie prominent und gut vernetzt sind. Zehntausende andere befinden sich nach wie vor in Haft, gegen Hunderttausende laufen Prozesse. Noch vor wenigen Jahren setzte sich die Bundesregierung intensiv für die Verfolgten ein. Heute schweigt sie, und auch das Auswärtige Amt tut so, als wäre nichts, selbst wenn aus der Türkei Geflüchtete von Erdoğan-Anhängern in Deutschland bedroht und angegriffen werden. Man will wieder ein gutes Verhältnis zum Despot aus Ankara, zum NATO-Partner. Man will, dass deutsche Unternehmen am Bosporus kräftig investieren können, und das ist schwierig, wenn andauernd über Menschenrechte debattiert wird. Und vor allem will man den sogenannten Flüchtlingsdeal aufrechterhalten, der sicherstellt, dass Erdoğan gegen beträchtliche Geldzahlungen der EU keine Menschen mehr über die Grenze schickt.

Man muss sich das in Momenten bewusst machen, in denen Berlin, wie zur Zeit, klare Kante gegen den belarussischen Diktator Lukaschenko zeigt. Es ist eine Haltung nach Interessenlage, nicht aus Überzeugung bezüglich demokratischer und pluralistischer Werte. Der Despot, mit dem man heute die Schwerter kreuzt, kann morgen schon wieder ein Buddy sein. Je nachdem. „Menschenrechte als Alibi“ hat Bahman Nirumand das einmal genannt.

In diese Mühlen geriet im Frühjahr 2018 der Kölner Sozialarbeiter und Journalist Adil Demirci. Eigentlich wollte er bloß Verwandte besuchen. Doch am 13. April stürmte mitten in der Nacht die Polizei die Wohnung und nahm ihn mit. Die Gründe sollte er erst eine Weile später erfahren. Es war der Beginn einer Odyssee. Er blieb zehn Monate lang in Haft und erst im Juni 2019 wurde auch die Ausreisesperre aufgehoben und er konnte in den Flieger zurück nach Köln steigen.

Über diese Zeit und die Umstände hat er ein Buch geschrieben. „Zelle B-28. Als politische Geisel in Istanbul“ heißt es, erschienen im Eckhaus Verlag, Weimar. Es ist nicht der erste Bericht aus den Mauern der Haftanstalt Silivri bei Istanbul, leider. Es ist ein Gefängnis, das eine ganze Abteilung nur für politische Häftlinge hat. Der Journalist und ehemalige Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar saß hier ein, der Schriftsteller und Journalist Ahmet Altan, der Journalist Deniz Yücel. Sie alle haben Gefängnisbücher geschrieben, und es kommt einem manchmal so vor, als habe jeder türkische Intellektuelle inzwischen so ein Buch, als habe jeder diese Mauern schon von innen gesehen. Künstler und Autoren landen hier, Journalisten und Akademiker; Menschen, die etwas auf Twitter gepostet haben und deshalb als „Terroristen“ gelten, Anhänger von Fethullah Gülen, Mitglieder der Oppositionspartei HDP. Die weiblichen Häftlinge landen im Frauengefängnis Bakirköy. In der Haft lernte Adil Demirci auch Ahmet Altan kennen, der inzwischen, nach mehreren Jahren in Silivri, ebenfalls freigelassen wurde. Er habe den jüngeren Gefangenen Mut gemacht, ihnen den Rücken gestärkt, schreibt Demirci in seinem Buch.

„Im Gefängnis habe ich ein Tagebuch geführt, das ich bei der Entlassung mitnehmen konnte“, erzählt er heute. „Erst im letzten Sommer habe ich das wieder gelesen, weil ich Abstand brauchte. Mir war es dann wichtig, im Buch auch auf meine Vorgeschichte einzugehen, die Gründe, weshalb ich in der Türkei war, und auch auf die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, daher habe ich Exkurse zu den Gezi-Protesten, Wahlen und anderen Ereignissen eingebaut. Das war für mich auch eine Verarbeitung einer traumatischen Erfahrung. Das Schreiben hat mir geholfen, damit abzuschließen. Zugleich wollte ich auf die große Solidarität eingehen, die ich erfahren habe.“

Warum hat es Adil Demirci erwischt? Die Staatsanwaltschaft warf ihm Folgendes vor: Im Jahr 2015 nahm er an der Beerdigung von zwei Mitgliedern der linksextremen MLKP in Istanbul teil – er berichtete darüber für eine Nachrichtenagentur. Aus demselben Grund besuchte er eine weitere Beerdigung und eine Veranstaltung an der Istanbuler Bosporus-Universität. Mit anderen Worten: Er wurde für die Ausübung seiner Arbeit als Journalist angeklagt. Um das zu verstehen muss man wissen, dass die Berichterstattung über in den Augen der Regierungspartei unliebsame Themen inzwischen so gut wie immer als staatsfeindliche oder gar Terrorpropaganda eingestuft wird. Womit jeglicher unabhängiger Journalismus unmöglich wird.

„Es geht immer weiter“, sagt Demirci mit Blick auf die jetzige Lage. „Aktuell ist da zum Beispiel Mahmut Güneş aus Bochum, der in Kayseri wegen Beiträgen in den Sozialen Medien festgehalten wird. Es ist schon zur Routine geworden, dass immer wieder Menschen verhaftet werden. Deswegen ist es so wichtig, klarzustellen: Das ist nicht normal. Und man muss etwas dagegen tun, muss den Betroffenen helfen.“

Eine freie Presse gibt es in der heutigen Türkei ebensowenig wie eine unabhängige Justiz. Das Verfahren gegen Adil Demirci war eine Farce, ein Schauprozess – wie jeder andere dieser politisch motivierten Prozesse auch. Und längst trifft es nicht mehr nur Menschen in der Türkei. Im Juni wurde der nach Deutschland geflüchtete Journalist Erk Acerer in Berlin von türkischen Rechtsextremen angegriffen, deutsche Erdogan-Kritiker, darunter etwa die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Berivan Aymaz, werden von der gleichgeschalteten türkischen Presse immer wieder zur Zielscheibe gemacht. Und würden sie nicht in Deutschland leben, wer weiß, ob sie nicht längst ebenfalls in Silivri und Bakirköy gelandet wären? Vor wenigen Monaten ließ Lukaschenko ein Flugzeug landen und entführte den belarussischen Blogger Roman Protasewitsch. Es ging ein Aufschrei durchs politische Berlin. Wie ernst dieser Aufschrei zu nehmen ist, demonstriert die vernichtende Stille angesichts der Tatsache, dass Erdoğan schon seit Jahren immer wieder Oppositionelle aus dem Ausland entführen lässt und sie in der Türkei vor Gericht zerrt.

Demirci: „Es gab viel größeren öffentlichen Druck, als es die prominenteren Fälle betraf, das hat leider stark nachgelassen. Dabei brauchen die Menschen, die nicht so bekannt und vernetzt sind, unsere Unterstützung umso mehr. Sie bekommen zwar konsularische Betreuung, aber der Kontakt zum Auswärtigen Amt und zur Politik hat nachgelassen, auch weil es weniger öffentlichen Druck gibt.“

Adil Demirci hatte das Glück, dass sich Freund*innen, Kolleg*innen und Politiker*innen in Deutschland für ihn einsetzten. Sein Bruder und dessen Freundin gründeten die „Stimmen der Solidarität“ und hielten regelmäßige Mahnwachen in Köln ab. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker machte sich für ihn stark ebenso der Journalist Günter Wallraff und der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich. Und am Ende half Altbundespräsident Christian Wulff dabei, Demirci nach Hause zu holen.

„Am meisten hilft es den Betroffenen, wenn man ihnen zeigt, dass sie nicht allein sind“, erklärt er. „Das war auch für mich damals sehr wichtig. Zu wissen, dass Freunde, Familie und andere Menschen an mich denken, sich engagieren, das hat mir Kraft gegeben. Daran knüpfen wir nun auch mit dem Verein ‚Stimmen der Solidarität‘ an. Wir wollen zeigen, dass jeder etwas tun kann, sei es, indem man Postkarten und Briefe schreibt, sei es, indem man Unterschriften sammelt. Und wir versuchen, den Familien zu helfen, sie nicht mit all dem allein lassen. Patrick Kraiker aus Gießen ist seit März 2018 in der Türkei in Haft, und seine Mutter war lange ganz allein, nun sind wir mit ihr in Kontakt und versuchen, mit Abgeordneten zu sprechen und uns für ihren Sohn einzusetzen.“

Bitter war die Willkürhaft für Demirci aber nicht nur, weil er mehr als ein Jahr seines Lebens verlor. Sondern auch, weil seine Mutter starb, kurz bevor er die Türkei verlassen konnte. Ähnlich erging es 2010 dem Schriftsteller Doğan Akhanlı („Verhaftung in Granada oder Treibt die Türkei in die Diktatur?“, KiWi Verlag), dessen Vater starb, als er in Istanbul in Haft saß. Es sind dies auch die erschütterndsten Passagen in Demircis Buch, die zeigen, wie gnadenlos und menschenverachtend das AKP-Regime agiert, das immer brutaler um sich schlägt, je mehr seine Machtbasis bröckelt. Denn die Umfragen sind längst eindeutig: Eine faire und freie Wahl könnte Erdogan heute nicht mehr gewinnen. Demirci sieht das so: „Im Moment ist die Lage in der Türkei sehr schwierig. Die Gesellschaft ist gespalten. Vor allem Akademiker haben die Hoffnung aufgegeben und versuchen, das Land zu verlassen. Aber ich glaube nicht, dass das noch lange so weitergehen kann und dass sich die Regierung ewig mit Gewalt an der Macht hält. Zumindest hoffe ich das.“

Am Ende bleibt ein Wunsch: Dass die Türkei wieder eine Zeit erleben darf, in der keine Gefängnisbücher mehr geschrieben werden müssen.

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Lesen & die Liebe zu lausigem Wetter

von Gerrit Wustmann

Samstag, 22. Mai 2021. Das Pfingstwochenende. Dreizehn Grad im Kölner Umland, gefühlt eher zehn oder weniger. Der Himmel ist grau, der Tag dunkel, es ist stürmisch, der Wind rauscht durch die grüne Weide im Garten, die Tauben klammern sich an den Ästen fest und blicken grumpy. Ebenso wie die wenigen Menschen, die mir beim vormittäglichen Waldspaziergang begegnet sind. Sie hatten auf sonnige Feiertage gehofft. Sie schimpfen übers Wetter. Die Luft riecht nach Regen.

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Von Menschen und Nachos, oder: Das Kino hassen

von Gerrit Wustmann

An der Sitzlehne klebt irgendwas Eingetrocknetes. Ich nehme den Arm wieder runter und lege ihn in den Schoß. Nach einer halben Stunde Werbung ist mir schon der linke Fuß eingeschlafen. Ich wecke ihn auf. Als der Film endlich losgeht, bin ich in Gedanken längst woanders. Links neben mir stopft jemand Nachos in sich rein. Seit einer halben Stunde. Ein kurzer Seitenblick: Es ist die ganz große Schale. Er isst sie einzeln. Und kaut ausgiebig. Eine der zentralen Fragen des Lebens drängt sich einmal wieder auf: Welcher Vollidiot hatte die Idee, in Kinos Nachos zu verkaufen? Ausgerechnet diese Dinger, die man unmöglich leise essen kann. Das ist so grausam wie ein Zugnachbar, der bei jedem Griff in die Chipstüte noch mehr Krach macht als mit dem Beißapparat, minimal unter dem Kapitalverbrechen namens Apfel. (Disclaimer: Ich mag Äpfel. Sehr sogar. Aber ich möchte niemandem beim Apfelessen zuhören, das ist wie Fingernägel auf Tafel.) Ich vermute dahinter eine Verschwörung der Filmindustrie: Je weniger man im Kino mitbekommt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man sich den Streifen hinterher zu Hause nochmal ansehen will.

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Die Nacht der untoten Riesenbücher – Lesenswerter Schund 

von Gerrit Wustmann

 

Im Juni erscheint Quentin Tarantinos Debütroman Once Upon A Time In Hollywood. Roman, nicht Drehbuch. Wie immer bei ihm handelt es sich um eine Hommage. Denn wer den Film gesehen hat, braucht eher nicht noch einen Roman, auch wenn der vielleicht in der ein oder anderen zusätzlichen Szene ein wenig mehr in die Tiefe geht. Tarantino knüpft an die inzwischen fast ausgestorbene Tradition der Movie-Novelizations an: Romane, die, auf Drehbüchern basierend, meist für Zeilengeld, rasch hingeschludert wurden, um aus der Filmvermarktung noch eine Handvoll Dollar mehr herausquetschen zu können. Die meisten dieser Bücher wurden jahrzehntelang von No-Names verfasst und waren ohne Probleme verzichtbar. Aber zwischendrin entstanden bisweilen auch Werke von namhaften Autor*innen, teils unter Pseudonym. Charles L. Grant hat das mit Akte-X-Folgen und Elizabeth Hand mit 12 Monkeys gemacht, um nur zwei Beispiele zu nennen. Weiterlesen