von Barbara Peveling
Die Erzählungen von Kämpfen im Kosmos faszinieren die Menschheit schon lange. Bisher schienen sie in weiter Ferne, das täuscht aber. Die Wirklichkeit der Katastrophen im Universum ist nur wenige Orbits von unserem Planeten entfernt. Was einmal als literarisches Genre der Zukunftspekulation begann, hat sich heute zu einem Narrativ entwickelt, das bald Wirklichkeit werden kann. Der Science-Fiction Roman „Krieg der Welten“ von H.G. Wells aus dem Jahre 1897 war ursprünglich als Satire auf die Kolonialpolitik des britischen Empires gedacht. Die von Marsianern bedrohte Erde wird darin von der einfachsten Lebensform, von Bakterien, gerettet. Als Orson Welles das Buch gut vierzig Jahre später in den USA als Reportagehörspiel ins Radio brachte, hielten es viele Menschen für Realität, so viel Ähnlichkeit hatte die fiktionale Inszenierung mit der tatsächlichen Berichterstattung zur Situation der alliierten Invasion in Europa. Mittlerweile ist sicher, dass es aktuell auf dem Mars kein Leben gibt. Seit dem Kalten Krieg finden Missionen zum Mars statt, wobei erst 1997 mit dem Mars-Rover Sojourner brauchbare wissenschaftliche Daten von dem Planeten gesammelt werden konnten. Potenziell gefährliche Marsbewohner wurden seitdem nicht entdeckt.
Ein Tesla im Weltall
Die größte Bedrohung aus dem All wäre aktuell ein Asteroid oder Komet, der auf die Erde zurast, wie dies in dem Film „Don’t look up“, mit Leonardo Di Caprio in der Hauptrolle, beschrieben wurde. Tatsächlich wurde im Februar 2024 bekannt, dass der Asteroid 2024 YR4 der derzeit gefährlichste Himmelskörper ist und nach aktuellen Berechnungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1,7 Prozent Ende des Jahres 2032 auf der Erde einschlagen könnte. Genaueres weiß man aber erst in vier Jahren. Im Januar 2024 wurde bereits befürchtet der Asteroid 2018 CN 41 könnte auf die Erde zusteuern. Dieser wurde zuvor von einem Amateur aus der Türkei gesichtet und in die Liste des MPC (Minor Planet Center) aufgenommen. Bald stellte sich aber heraus, dass es sich gar nicht um einen Asteroiden, sondern um ein Auto handelte. Das Fahrzeug war ein aussortierter Tesla Roadster von Elon Musk, den dieser 2018 mit seinem ersten Falcon Heavy Flug ins All hatte schießen lassen. Eigentlich wurde der rote Flitzer in die Umlaufbahn der Sonne gesetzt, um von dort seine Reise zum Mars anzutreten. Doch die Rechnung ging nicht auf, wie der fiktive Astronaut Major Tom im Song Space Oddity von David Bowie ist auch Elons aussortierter Wagen auf einem Irrflug im All gelandet.
Bei seiner „Entdeckung“ Anfang Januar 2024 war er nur noch 240 000 km von der Erde entfernt, also näher als der Mond. Musk hatte seinen Ingenieuren bei dem Testflug 2018 bewusst aufgetragen, Science-Fiction Narrative zu bedienen. Auf dem Armaturenbrett des Tesla stand Don’t Panic, eine Anspielung auf das Kultbuch Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams. Außerdem saß beim Start eine Astronautenpuppe im Wagen und das Autoradio spielte Space Oddity. Der Song David Bowie wurde von Stanley Kubricks Film 2001 Odysee im Weltraum inspiriert. Darin begibt sich der fiktive Astronaut Dave Bowman mit seinem Team auf eine Mission ins All, bei der alle seine Kollegen von der künstlichen Intelligenz des Bordcomputers eliminiert werden, er bleibt alleine zurück und verwandelt sich bei seinem Tod in ein Astralwesen. Dabei handelt es sich, so Kubrick, um eine Art Supermensch, der wieder zurück zur Erde geschickt wird. Ob es ihm gelingt, die Menschheit von ihren Fehlern zu bewahren, bleibt aber offen.
Von der Sci-Fi-Erzählung zur Ideologie
Auch der Multimilliardär Elon Musk geht davon aus, dass in der Zukunft von Menschen gegründete Zivilisation aus dem All den Menschen auf der Erde zu Hilfe kommen werden. Auf diese Ideologie menschlicher Evolution begründen sich die Aktivitäten seines Unternehmens Space X. Das Narrativ eines den Weltraum erobernden Major Tom hat also direkt die Ambitionen des reichsten Mannes der Welt geprägt, sein im All kreisendes Auto ist die Metapher dazu. Er hat aus den Science-Fiction-Erzählungen eine Ideologie gemacht. Ideologien stehen von jeher am Anfang menschlicher Aktivitäten. Ob wir die Monumente von Stonehenge, die Kriege der Azteken oder die Vertreibung der Kachin-Minderheiten in Burma betrachten, es sind meist ideologische Überzeugungen, die Menschen zum Handeln bringen.
Ideologien können auch Entwicklungen verhindern und andere ermöglichen, indem zum Beispiel bestimmte Führungsmodelle abgelehnt werden. Selbst Elon Musk begründet seine Fortschrittsideologien über die Ablehnung anderer, größtenteils demokratisch geprägter Ideologien. Während Donald Trump die Welt mit dem Verkünden eines territorialen Annexionsvorhaben nach dem anderen in Atem hält, konzentrieren sich seine maskulinen Tech-Bros auf die Eroberung des Alls. Sie haben sich dabei die Aufgabenfelder aufgeteilt. Elon Musks Space X spezialisiert sich auf die Expansion menschlichen Lebensraums, Jeff Bezos’ Unternehmen Blue Origin konzentriert sich derweil auf die Logistik von der Erde ins All. Blue Origin ist vor allem auf den Weltraumtourismus spezialisiert. Zuletzt gelang es ihm, seine neue Rakete „New Glenn“ erfolgreich in die Umlaufbahn der Erde zu bringen, die Landung allerdings scheiterte. Jährlich landen etwa 2000 Trümmerteile von Raketen auf der Erde, meist im Meer. Die Eroberung des Weltraums durch Tech-Milliardäre wurde mit der Space Act 2015 unter Barack Obama erst möglich gemacht. Damit wurde festgelegt, dass jede:r US-Bürger:in das Recht hat, das Weltall kommerziell zu nutzen und auszubeuten. Bis dahin wurde das Weltraumrecht vor allem durch Verträge wie dem Weltraumvertrag 1967 der Vereinten Nationen definiert. Mit dem Space Act wurde dieser Vertrag offiziell gebrochen. Deutschland und die EU haben erst kürzlich angefangen, darüber zu diskutieren, wie mit und in dem Raum jenseits der Erdatmosphäre zu verfahren ist. Während auf dem alten Kontinent nun endlich eine Debatte angestoßen wurde, liefern sich die Milliardäre und Diktaturen wie China weiter ihren kapitalistischen Wettkampf im Weltraum. Für die Vermüllung desselben ist beispielsweise offiziell niemand verantwortlich. Dieses Problem wurde bisher stillschweigend zukünftigen Generation überlassen. Kürzlich aufkommende Ambitionen für mehr Kontrolle und Verantwortlichkeit, wie die der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA nachdem im Januar vor dem Amtswechsel eine fehlgestartete Raumfahrtkakete von Elon Musks Unternehmen Starship X explodierte und die Trümmer den Flugverkehr gefährdeten, werden von der neuen US-Regierung nun unterbunden. Der Vorsitzende Michael Whitacker wurde von Elon Musk mit der Machtübernahme von Donald Trump erfolgreich zum Rücktritt gedrängt. Die Wahrheit kommt oft aus Kindermündern und das gilt auch für Elon Musks vierjährigen Sohn, der im November bei dem Interview seines Vaters dazwischenrief: “In Space X machen wir stillschweigend das, was wir wollen!”
Man könnte meinen, wir haben genug Probleme auf der Erde, also sollten wir die Machtgierigen weiter da oben machen lassen, was sie wollen. Vielleicht werden wir sie damit sogar los. Aber das ist ein Trugschluss. Wissenschaftler:innen, die auf die Gefahr des Space Act 2015 hingewiesen haben, wie der französische Rechtsprofessor Philippe Achilleas, wurden von der Politik genauso ignoriert wie Dr. Randall Mindy in „Don’t look up“. Seine Ambitionen, die Welt zu retten, werden von Peter Isherwell, wie Musk CEO eines Technikunternehmens, erfolgreich verhindert. Doch auch dessen Plan, die Rohstoffe des Kometen auszubeuten, scheitert und das Schicksal der Menschheit bleibt, bis auf eine kleine Elite, die sich ins All rettet, dem finalen Einschlag ausgeliefert.
Star Wars mit Satelliten
Schon die Bibel wusste, dass, wer den Himmel kontrolliert, auch das Schicksal auf der Erde bestimmt. Der nächste internationale Krieg, heißt es, wird nicht mehr auf der Erde stattfinden, sondern damit beginnen, dass die eine Seite die Satelliten der anderen zerstört. Und auch hier hat Elon Musk bereits eine Generalprobe veranstaltet Nachdem er der Ukraine erst seinen Satelliten Starlink zur strategischen Unterstützung angeboten hatte, befahl er später wieder, diese für den Zeitraum eines Drohnen-Manövers der Ukraine auszusetzen. Er habe Sorge, erklärte er, der russische Präsident könnte als Reaktion Atomwaffen einsetzen. Mittlerweile wird darüber spekuliert, ob Musk seine Satelliten heute nicht der Gegenseite, also Russland im Ukrainekrieg zur Verfügung stellt. Die Atomwaffen Russlands, so vermuten die USA, sind bereits im All und dort gegen die amerikanischen Satelliten gerichtet.
Im UN-Sicherheitsrat blockieren sich beide Länder mit Resolutionen, die sich auf das Wettrüsten im Weltall beziehen. Das Ganze könnte auch als Ablenkungsmanöver von der bereits auf Hochtouren laufenden Eroberung unseres Sonnensystems dienen. Mit dem Telefonat Anfang Februar zwischen den amerikanischen und russischen Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin sind die Karten offen auf den Tisch gelegt worden. Nur Stunden später zerschlug eine russische Drohne das Schutzgebäude des Tschernobyl-Reaktors. Drohnen sind der Krieg der Zukunft und Satelliten sind für sie unabdingbar. Nicht nur im Ukraine-Krieg kommen die Starlink Satelliten des reichsten Mannes der Welt zum Einsatz, auch im Gaza-Krieg funken sie mit. Wenn Donald Trump einen Iron Dome als Abwehrsystem nach dem Vorbild Israels bauen lässt, wird Musk der größte Gewinner sein.
Look up!
Der Krieg der Sterne ist nur noch ein Steinwurf entfernt, wir aber weigern uns beharrlich den Blick nach oben zu richten. Das liegt selbstverständlich an der großen Ablenkung, aber nicht nur, der Blick nach oben macht uns Angst. Denn die Tech-Bros verschleiern ihre Ambitionen nicht. In seinem Gespräch mit Alice Weidel hat Elon Musk offen über seine Planung für die Eroberung und Ausbeutung des Planeten Mars gesprochen. Er hat sich auch darüber beschwert, dass es in Deutschland so viele bürokratische Hürden gibt, die oft auch mit den Gesetzen des Klimaschutzes zusammenhängen. Die würde er gerne abgeschafft sehen, darin ist er sich mit Weidels Partei, der AfD, einig.
Das Raumsonden-Projekt ExoMars der Europäischen Weltraumorganisation wurde wegen des Kriegs in der Ukraine von 2022 auf 2028 verschoben, da die Organisation ursprünglich mit dem russischen Unternehmen Roscosmos zusammengearbeitet hatte. Das intensive aktuelle Interesse von Elon Musk an der europäischen Politik hängt nicht nur mit dem zusammen, was auf der Erde passiert, sondern impliziert die Eroberung und Ausbeutung des Weltraumes gleich mit. Das Narrativ der Zukunft wird heute geschrieben und wir sollten aufpassen, dass es uns nicht so geht wie Kate Dibasky, der von Jennifer Lawrence gespielten Assistentin von Dr. Mindy in „Don’t look up“. Als sie in Panik versucht, ihre Mitmenschen zu warnen, wird sie öffentlich diskreditiert. Damit wir selbst nicht irgendwann in Panik verfallen müssen, sollten wir dringend unsere demokratischen Regierungen in Europa darauf drängen, gemeinsam einen Plan zu entwerfen.. Eine eigene Ideologie zu entwickeln, wie die menschliche Migration ins All aussehen könnte, ohne diesen Raum auszubeuten, wäre beispielsweise ein Anfang. Wir haben noch Zeit, um an einer internationalen Regulierung der Eroberung und Ausbeutung des Alls zu arbeiten, die die Interessen der gesamten Menschheit berücksichtigt und nicht nur die von wenigen Superreichen. Denn die Außerirdischen, die den Planeten Erde auf ihrem Weg zum Mars bedrohen, sind niemand anderes als wir Menschen selbst.